Gefährliche Plagegeister
26. Juli 2013Die Männchen sind harmlos. Sie mögen Pflanzensäfte und interessieren sich vor allem für die Gunst der Weibchen. Männliche Stechmücken pieksen nicht, also könnte man sie leben lassen. "Man erkennt sie an ihren buschigen Fühlern", erklärt Sven Klimpel und lacht dabei. Denn eigentlich ist für den Parasitologen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung "jede tote Mücke eine gute Mücke".
Vor allem aber ist jede tote weibliche Mücke eine gute Mücke. Denn die Weibchen sind die Plagegeister: Sie stechen was das Zeug hält und saugen jede Menge Blut. Immerhin sind die Tierchen nach der Mahlzeit etwa doppelt so schwer wie vorher. Zwei bis fünf Milligramm Blut zapfen sie ab, um wichtige Proteine für ihre Eier zu bekommen. Nur so gedeiht der Mückennachwuchs.
Stechmücken sind Krankheitsüberträger
Das Gefährliche: Stechmücken können bei ihrer Saugerei Viren, Parasiten oder Würmer weitergeben und damit schlimme Krankheiten - wie Malaria, Schlafkrankheit, Dengue- oder Chikungunya-Fieber übertragen. Die meisten Erreger sind in Afrika, Asien oder Lateinamerika heimisch - in Regionen, wo es warm und feucht ist. Solche klimatischen Bedingungen brauchen sie, sagt Egbert Tannich vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg: "Denn wenn es warm ist, vermehren sich die Viren in der Mücke schneller."
Immer wieder verirren sich tropische Stechmücken nach Europa oder Deutschland. Zum Beispiel die Asiatische Buschmücke, die Asiatische Tigermücke oder die Gelbfiebermücke. Das konnten Egbert Tannich und sein Kollege Sven Klimpel nachweisen. In einer aufwändigen Studie sammelten die Forscher in den letzten beiden Jahren über 75.000 Stechmücken an 55 Orten - überall in Deutschland. Dabei entdeckten sie insgesamt rund 50 einheimische und exotische Mückenarten. "Wir haben festgestellt, dass es in bestimmten Regionen eingewanderte Mücken gibt, die schon heimisch sind und andere, die nur hin und wieder auftauchen." Alle Ergebnisse halten die Wissenschaftler in einem Mückenatlas fest.
Globalisierung und Klimawandel sind schuld
Viele der exotischen Mücken werden von Touristen oder Geschäftsleuten rund um die Welt geschleppt und landen so immer häufiger auch in Deutschland. Dort überleben sie eine Zeit lang, die meisten verschwinden aber nach dem kalten Winter wieder. Doch in Deutschland wird es wärmer, die Winter kürzer, erklärt Sven Klimpel: "Die Durchschnittstemperatur in bestimmten Regionen ist schon relativ hoch und es ist feuchter geworden - das sind ideale Lebensbedingungen für Mücken."
Aber es sind nicht nur die exotischen Stechmücken, die den Wissenschaftlern Sorgen machen: "Unsere einheimischen Mücken fühlen sich bei diesem Wetter ebenfalls sehr wohl. Sie produzieren schon jetzt mehrere Generationen im Jahr." Und auch sie können durchaus gefährliche Krankheitserreger in sich tragen. Welche, das untersuchen Tannich und Klimpel zurzeit.
So fanden sie erst kürzlich zum ersten Mal Larven des Hundehautwurms in deutschen Stechmücken. Dieser Parasit ist eigentlich in Afrika, Asien und Südeuropa heimisch. Der recht harmlose Fadenwurm lebt im Herz von Hunden, Mardern oder Füchsen. Saugt eine Mücke das Blut eines infizierten Tieres, kann sie die Erreger bei ihrem nächsten Stich auf den Menschen übertragen. Das ist in der Regel ungefährlich, meistens sterben die Würmer schnell ab.
Trotzdem sei es wichtig, genau zu beobachten, welche exotischen und eventuell gefährlichen Erreger in Deutschland auftauchen und sich hier verbreiten können, sagt Sven Klimpel gegenüber der Deutschen Welle und ist sich sicher, "dass in den nächsten zehn bis 50 Jahren Infektionskrankheiten, die von blutsaugenden Insekten übertragen werden, in Europa, insbesondere in Deutschland, verstärkt auftreten."