Post setzt auf Elektroautos
13. September 2015Die gelben Autos der Deutschen Post gehören hierzulande zum alltäglichen Bild. Tag für Tag sorgen sie dafür, dass jedes Paket den richtigen Empfänger erreicht. Schnell und effizient muss es dabei vor allem gehen. Doch nicht nur die Wirtschaftlichkeit steht für das Logistikunternehmen im Vordergrund. Auch ökologisches Denken rückt zunehmend in den Fokus.
Hier kommt der Elektromobilhersteller StreetScooter aus Aachen ins Spiel. Das ehemalige Startup-Unternehmen aus dem Umfeld der Technischen Hochschule (RWTH) Aachen beschäftigt sich nämlich mit der Frage, wie man ein kostengünstiges und zugleich nachhaltiges Fahrzeug herstellen kann, das sich besonders für Kurzstrecken eignet.
Elektroautos werden an den Verbraucher angepasst
Eine Schnittstelle, die beide Unternehmen zusammengebracht hat. "Elektrofahrzeuge eignen sich optimal für die sogenannte Verbundzustellung. Hier werden Briefe und Pakete in Randgebieten der Städte und im Umland zugestellt", sagt Achim Kampker, Geschäftsbereichsleiter für Elektromobilität bei der Deutschen Post DHL Group und gleichzeitiger Geschäftsführer der StreetScooter GmbH.
Die Zusammenarbeit begann 2011. In erster Linie sollte ein Fahrzeug entwickelt werden, das optimal für die Paketzustellung geeignet ist. "Wir testen die Fahrzeuge mit dem Kunden. Unser Kunde ist der Zusteller. Also testen wir die Fähigkeit dieses Automobils im wirklichen Verkehr und in der Auslieferung", beschreibt Christian Steinborn, verantwortlich für den Bereich Sales Marketing und Business Development bei der StreetScooter GmbH, den Entwicklungsprozess.
Umweltschutz erfordert Durchhaltevermögen
Besonders wichtig sei es, Impulse zu setzen und die Menschen für ein nachhaltiges Handeln zu sensibilisieren. "Ich denke, dass die Elektromobilität momentan einen sehr großen Stellenwert hat, besonders gesellschaftspolitisch. Schon weil durch die Energiewende dieses Thema sehr stark diskutiert wird", so Steinborn weiter.
Auch Johannes Bauerdick, Referatsleiter im nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium für den Bereich Produktionstechnologien und Maschinenbau, meint, dass Elektromobilität mit einem Lernprozess verbunden ist. "Ich glaube, dass sich Elektromobilität auch immer mehr in das öffentliche Bewusstsein einprägt, wenn auch mit einer gewissen Skepsis. Diese betrifft vor allem die Kosten, denn die elektrischen Fahrzeuge sind einfach noch deutlich teurer als Verbrennungsfahrzeuge", so Bauerdick. Skeptisch sei man zudem bei der Frage der Reichweite. Doch gerade bei den betrieblichen Flotten könne sich die Elektromobilität stärker durchsetzen, als bei den privaten Verbrauchern. "Betriebe rechnen anders. Sie haben die Gesamtkosten von der Anschaffung bis hin zum Gebrauch von fünf bis zehn Jahren im Blick. Auf lange Sicht wird Elektromobilität ganz klare Kostenvorteile haben", sagt Bauerdick.
Von der Post gekauft
Nicht Kurzlebigkeit, sondern eine bewusste Umstrukturierung ist die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften. Die Post sieht sich hier in einer Vorreiterposition. Daher will der Konzern seine Elektroflotte weiter ausbauen. Die Zusammenarbeit mit der StreetScooter GmbH brachte laut Kampker bereits wichtige Erkenntnisse für die zukünftige Nutzung von Elektrofahrzeugen in Bezug auf Reichweite, Belastbarkeit, Ladekapazitäten und Umweltbelastung. Know-How und Forschung treffen so auf praktische Umsetzung, und das im großen Stil. Eine Verknüpfung von wirtschaftlichem und nachhaltigem Interesse folgte 2014: Da übernahm die Deutsche Post den jungen Elektroautohersteller. Ein Geschäft, das sichtbar Spuren hinterlässt. Von den derzeit 400 gelben Elektrofahrzeugen sind 130 StreetScooter aus Aachen. Ein Projekt, bei dem ein Ende nicht in Sicht ist.
Lautlos ans Ziel gelangen
Die gelben Elektroautos sind das Kapital des noch jungen Unternehmens, dessen einziger, aber lukrativer Auftraggeber die Deutsche Post ist. Das Herzstück der Fahrzeuge ist die Batterie. "Wenn die Post einmal am Tag rausfährt und am Abend wieder lädt, dann sind das sechs bis zehn Jahre Laufzeit pro Akku", sagt Steinborn, der in der Batterieentwicklung für die nächsten Jahre noch ein starkes Entwicklungspotenzial sieht. Nicht der Komfort oder das Design der Nutzfahrzeuge sind entscheidend, sondern der Blick auf das Notwendige.
Manufaktur statt Massenproduktion
Dieser klare Fokus der Tüftler spiegelt sich auch im Konzept des Unternehmens wider. Radikales Umdenken steht bei der Konzipierung im Vordergrund. "Jeder Prozess wurde zunächst bis ins Detail untersucht," erklärt Steinborn. Ziel sei es gewesen, in einem Netzwerk mit vielen anderen Unternehmen ein Automobil "mit sehr geringem Kostenaufwand zu entwickeln." Die abgasfreien Scooter unterscheiden sich noch in einem weiteren Punkt von der klassischen Automobilherstellung. Die Fahrzeuge werden wie in einer Manufaktur gefertigt. Manuelles Zusammensetzen statt Roboterfertigungsstraßen. Eine optimale Strategie, die aber nur aufgeht, wenn 3000 bis 5000 Scooter im Jahr produziert werden.
Eine Größenordnung, die es in naher Zukunft aufzustocken gilt. Denn die Deutsche Post plant zunächst für die Bundesstadt Bonn, den Sitz des Konzerns, bis zum kommenden Jahr die komplette Umstellung auf Elektromobilität.