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AfD in Deutschland - der Druck nimmt zu

14. Mai 2024

Zwei Niederlagen für die AfD vor Gericht: Frontmann Björn Höcke muss wegen Verwendens einer Nazi-Parole eine Geldstrafe zahlen. Und die AfD bleibt ein "rechtsextremer Verdachtsfall".

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Der AfD-Politiker Björn Höcke steht vor einer Wand mit dem riesigen Parteilogo; der Schriftzug AfD ist weiß, der Hintergrund blau und der geschwungene, nach rechts oben zeigenden Pfeil rot.
Lange ging es für die AfD nur bergauf, doch Gerichtsverfahren bringen die Partei und ihre Gallionsfigur Björn Höcke zunehmend in Bedrängnis Bild: Michael Reichel/dpa/picture alliance

Verstummt war die Debatte über ein mögliches Verbot der Alternative für Deutschland (AfD) nie. Doch nach zwei Niederlagen vor Gericht wird sie nun wieder lauter geführt.

Am Dienstag (14. Mai) ist der AfD-Politiker Björn Höcke vom Landgericht Halle zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 130 Euro verurteilt worden.

Die fünfte Strafkammer sah es als erwiesen an, dass er im Mai 2021 bei einer Kundgebung in Merseburg die verbotene Parole "Alles für Deutschland" der Sturmabteilung (SA) der NSDAP verwendet habe.

Dabei handle es sich um eine Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs, so die Begründung des Gerichtsurteils. Der studierte Historiker und frühere Geschichtslehrer Höcke hingegen bestreitet, den Ursprung der verbotenen Losung "Alles für Deutschland" gekannt zu haben.

Bereits am 13. Mai hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster eine Klage der Partei gegen die Einstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) als rechtsextremen Verdachtsfall zurückgewiesen. Der Verfassungsschutz ist der Inlandsnachrichtendienst.

In Sachsen ist die AfD mehr als ein Verdachtsfall

"Nun muss die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens konkret erfolgen", kommentierte Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) das Gerichtsurteil über die Einstufung der AfD. In ihrem Bundesland gilt die Partei sogar schon als "gesichert rechtsextremistisch". Sie ist also nach Überzeugung des in diesem Fall zuständigen Landesamtes für Verfassungsschutz mehr als ein Verdachtsfall.

AfD-Parteitag in Magdeburg

Trotz dieses Makels könnte die AfD im September bei der Landtagswahl in Sachsen stärkste politische Kraft werden. In Umfragen liegt sie vor der Christlich-Demokratischen Union (CDU), die in Sachsen seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 ununterbrochen den Ministerpräsidenten stellt.

Michael Kretschmer hält AfD-Spitze für rechtsextrem 

Der amtierende Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf die AfD: "Es mag sein, dass nicht jeder Wähler und auch nicht jedes Mitglied rechtsextrem ist. Aber die Führung, der Geist, der ist es auf jeden Fall."

Der sächsische Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU) kündigte unter dem Eindruck der AfD-Niederlage vor Gericht an, im Deutschen Bundestag einen Antrag für ein Verbotsverfahren zu initiieren. Gerade im Osten bekomme man die Partei auf politischem Weg nicht mehr klein, begründete der Christdemokrat gegenüber Zeit Online seinen Vorstoß.

"Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen"

Warum Hendrik Cremer ein AfD-Verbotsverfahren für unverzichtbar hält

Bei Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin stößt Wanderwitz damit auf offene Ohren. Der Jurist warnt schon lange eindringlich davor, die AfD zu unterschätzen.

Im Februar ist sein Buch über die Partei erschienen – der Titel: "Je länger wir schweigen, desto mehr Mut werden wir brauchen." Damit will der Jurist zum Ausdruck bringen, für wie gefährlich er die AfD hält. 

Häufig sei immer noch von einer rechtspopulistischen oder von einer nur in Teilen rechtsextremen Partei die Rede. Über ihre Ziele werde auch in Medien relativ selten berichtet, bemängelt Cremer im DW-Interview.

"Die Gewaltbereitschaft wird häufig ausgespart. Es muss also viel, viel deutlicher werden, welcher Kurs sich dort mittlerweile durchgesetzt hat. Das muss benannt werden."

In AfD-Chats ist von "regierenden Verbrechern" die Rede

Der AfD-Experte analysiert in seinem Buch die seit Jahren zunehmende Radikalisierung. Insbesondere verweist er auf Gewaltfantasien in Chatgruppen, denen auch zahlreiche Landtags- und Bundestagsabgeordnete angehörten.

In diesen Foren war von "regierenden Verbrechern" die Rede, und es fanden sich Sätze wie "Ohne Umsturz und Revolution erreichen wir hier keinen Kurswechsel mehr". 

Das vom Oberverwaltungsgericht Münster verkündete Urteil, mit dem die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wurde, hält Cremer deshalb für überfällig: "Aus meiner Sicht müsste auch der nächste Schritt erfolgen: nämlich die gesamte AfD als rechtsextremistische Bestrebung einzustufen." Bislang ist das nur in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Fall, also in drei von 16 Bundesländern.

AfD in Deutschland - sind das die neuen Nazis?

"Brandmauer" mit Löchern

Die von allen anderen Parteien beschworene "Brandmauer" zur AfD habe Löcher, betont Cremer. Das lasse sich besonders auf der kommunalen Ebene beobachten. "Sie ist allerdings absolut erforderlich. Sie ist die Grundvoraussetzung, um der AfD überhaupt effektiv entgegentreten zu können."

Zweifel an einem erfolgreichen Parteiverbotsverfahren könne er nur schwer nachvollziehen, sagt der langjährige AfD-Beobachter. Deshalb plädiert Cremer dafür, sorgfältig einen Antrag zu prüfen und ihn auch zu stellen.

Sein Buch über die Alternative für Deutschland endet so: "Es wird höchste Zeit, die Erkenntnis über die Gefahr, die von der AfD ausgeht, in die Gesellschaft zu tragen. Noch ist es nicht zu spät. Doch die Zeit drängt."

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland