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Gesundheit im europäischen Vergleich

Ali Akinci10. Oktober 2003

Das deutsche Gesundheitssystem muss reformiert werden. Ein Vergleich mit ausgewählten europäischen Nachbarn zeigt: Das deutsche System ist eines der kostspieligsten.

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Deutschland

Im deutschen System gibt es bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze einen Versicherungszwang in einer gesetzlichen Krankenkasse. Der Bürger kann zwischen verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen wählen, die sich selbst verwalten und in Konkurrenz zueinander stehen. Die medizinischen Leistungen, die der Patient für sein Geld bekommt, sind von Kasse zu Kasse nur leicht anders. Denn es gibt einen gesetzlich festgeschriebenen Katalog mit "Pflichtleistungen". Den Versicherungsbeitrag zahlen je zur Hälfte Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Ärzte und Kliniken können frei gewählt werden. Bürger, deren Gehalt über der festgeschriebenen Einkommensgrenze (derzeit 3375 Euro) liegt, können sich privat versichern. Das Gleiche gilt für Selbstständige oder Beamte. Beitrag und Leistungsumfang sind dann variabel. Bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit steht Deutschland weltweit auf Rang drei.

Niederlande

Hier müssen Patienten, außer in Notfällen, zuerst immer einen Hausarzt aufsuchen. Den können sie frei wählen. Nur der Allgemeinmediziner entscheidet, wann ein Facharzt oder Krankenhaus die weitere Behandlung seiner Patienten übernimmt. Dann kann der Kranke auch hier selbst bestimmen, welchen Facharzt oder welches Krankenhaus er aufsuchen will. Allerdings werden in den Niederlanden nur sechs Prozent aller Kranken an Spezialisten überwiesen. Die Hausärzte gelten als sehr gut ausgebildet und müssen sich ständig fortbilden. Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 10,25 Prozent des Gehalts. Das ist fast ein Drittel weniger als deutsche Versicherte bezahlen.

Frankreich

Das französische System ist 2000 von der Weltgesundheitsbehörde WHO als das beste der Welt eingestuft worden. Dabei spielt der Staat eine Schlüsselrolle. Er kontrolliert die Verflechtungen zwischen den Finanzierungsinstitutionen, den Ärzten und den Patienten. Seit 1996 verabschiedet das Parlament ein Budget für die Krankenversicherung. Zwei Drittel der Franzosen unterliegen dem allgemeinen gesetzlichen Versicherungssystem. Die anderen unterstehen Sondersystemen mit eigenen Beitrags- und Leistungsregelungen.

Bei den Franzosen gibt es die freie Arztwahl. Wer krank ist kann selbst entscheiden, ob er zum Hausarzt oder Spezialisten gehen will. Allerdings sind die Zuzahlungen zu Medikamenten zum Teil sehr hoch. Bis zu 70 Prozent muß der Patient selbst tragen. Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung wird dafür zum größten Teil vom Arbeitgeber übernommen. Die Angestellten selbst zahlen in Frankreich nur 0,75 Prozent ihres Gehalts.

Großbritannien

Das britische Gesundheitswesen ist staatlich und wird über Krankenversicherungsbeiträge finanziert. Unabhängige Krankenkassen, die frei gewählt werden können, gibt es nicht. Die medizinische Versorgung ist vergleichsweise schlecht: Auf Operationstermine muss man im Schnitt 18 Monate lang warten. Deshalb werden Patienten auch zur Behandlung nach Frankreich oder Deutschland ausgeflogen.

Älteren Patienten werden zum Teil lebensnotwendige Leistungen vorenthalten. Ein Beispiel: Menschen über 60 können keine künstlichen Hüftgelenke mehr bekommen. Es besteht allerdings die Möglichkeit privater Zusatzversicherungen, um sich etwa die Behandlung in einer teuren Privatklinik offen zu halten. Der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung liegt bei mindestens zehn Prozent des Gehalts.