Glyphosat - nicht auch noch unsere Bienen!
25. September 2018Glyphosat ist umstritten, weil der Verdacht besteht, dass es Krebs erregt. Eine neue Studie aus den USA wirft nun ein Schlaglicht auf eine ganz andere mögliche Nebenwirkung des Herbizids, die bislang so nicht Thema der Debatte war. Forscher der University of Texas haben untersucht, wie Glyphosat auf Bienen wirkt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass das Herbizid für Bienen gefährlich ist. Ihre Studie veröffentlichten sie in dem Wissenschaftsmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
Für ihre Untersuchung hatten die Wissenschaftler Honigbienen zunächst mit einer Zuckerlösung gefüttert, der Glyphosat beigeisetzt war – in einer Konzentration, die so auch in der Umwelt vorkommt. Eine Bienen-Kontrollgruppe dagegen bekam nur den Zucker, ohne das Herbizid. Um die Insekten später im Stock wieder zu erkennen und der richtigen Gruppe zuordnen zu können, malten die Forscher den Bienen verschiedenfarbige Punkte auf den Rücken.
Drei Tage später wurden die Testbienen wieder eingesammelt und untersucht. Es zeigte sich, dass die Honigbienen, die den Glyphosat-Cocktail bekommen hatten, einige ihrer nützlichen Bakterien im Darm verloren hatten. So schlussfolgerten die Forscher, dass Glyphosat durch Veränderungen des Darm-Mikrobioms einer Biene das Immunsystem der Tiere schwächen kann. Und dies, so die Wissenschaftler, sei ein Beweis dafür, dass Glyphosat zum Rückgang der Honigbienen auf der ganzen Welt beitragen kann.
Beliebtes Pflanzengift
Glyphosathaltige Unkrautvernichter, zum Beispiel Roundup von Monsanto, sind sogenannte Breitbandherbizide. Sie sind für fast alle Pflanzenarten giftig. Glyphosat gilt mit 700.000 Tonnen als das weltweit am häufigsten verwendete Mittel. Seit über 40 Jahren kommt es zum Einsatz.
Allein in Deutschland werden jährlich über 5000 Tonnen Glyphosat in Privatgärten, in Stadtparks und an Bahngleisen versprüht. Den größten Anteil am Verbrauch aber hat die Landwirtschaft – auf rund 40 Prozent der deutschen Ackerflächen wird Glyphosat versprüht.
Gesundheitsgefährdend, ja oder nein?
Darüber ob und in welchen Konzentrationen das Herbizid, das 1950 von dem US-Landwirtschaftskonzern Monsanto entwickelt wurde, gesundheitsschädlich ist, streiten Gegner und Befürworter leidenschaftlich. Aktuell laufen Hunderte von Gerichtsverfahren, in denen Kläger sagen, dass der Kontakt mit dem Unkrautvernichter bei ihnen Krebs verursacht hat.
Zahlreiche Studien haben untersucht, ob das Pestizid als krebserregend einzustufen ist, oder als mutagen – also als eine Substanz, die genetische oder reproduktive Wirkungen hervorruft. Bisher gab es jedoch noch kein abschließendes Ergebnis.
Während die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt, dass es Beweise dafür gibt, dass Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend" ist, sind sich andere Stellen – einschließlich deutscher und europäischer Gesundheitsbehörden – nicht einig.
Das Europäische Parlament fordert ein Verbot des Herbizids bis 2022. Ende 2017 empfahl die EU-Kommission, die Lizenz um fünf Jahre zu verlängern. Im Jahr 2022 könnte es also zu einer neuen Entscheidung kommen.
Gefährdung der Biodiversität und der Tiere
Weniger umstritten als die Frage, ob Glyphosat Krebs verursacht oder nicht, sind die Auswirkungen des Herbizids auf die Umwelt.
Das Bundesumweltministerium ist besorgt darüber, dass das Allround-Pestizid Pflanzen wahllos abtötet – auch solche, die für viele Tiere überlebenswichtig sind. Monotone Ackerflächen ohne Insekten oder Vögel seien die Folge, warnen Umweltschützer.
Die Europäische Chemikalienagentur ECHA hat Glyphosat kürzlich als nicht krebserregend eingestuft, behielt aber die Einstufung als Stoff bei, "der schwere Augenschädigungen verursacht und für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung giftig ist".
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Bienensterben könnte sich verschlimmern
Die Nachricht, dass der Unkrautvernichter für Bienen auch direkt schädlich sein könnte, ist besonders erschreckend, wenn man bedenkt, dass die Populationen von Haus- und Wildbienen in vielen Teilen der Welt sowieso schon stark geschrumpft sind. In China mussten schon Apfel- und Birnenbäume von Hand bestäubt werden, weil es nicht mehr genug Bienen gab, die den Job erledigten.
Wahrscheinlich ist eine Kombination verschiedener Faktoren für den Rückgang verantwortlich: Schädlinge wie die Varroamilbe, ein fehlendes Nahrungsangebot für die Insekten, Einflüsse durch chemische Pflanzenschutzmittel und veränderte klimatische Bedingungen.
Ein weiteres Puzzleteil
Die neue Studie jedoch verbindet nun direkt den Einsatz von Glyphosat mit dem Rückgang der Bienen. Denn in einem Folgeversuch fanden die Forscher außerdem heraus, dass Bienen mit durch Glyphosat beeinträchtigtem Darm-Mikrobiom weitaus häufiger sterben, wenn sie einem bestimmtem Erreger, dem Bakterium Serratia marcescens, ausgesetzt waren.
Etwa die Hälfte der Bienen mit einem gesunden Mikrobiom waren acht Tage, nachdem sie dem Erreger ausgesetzt worden waren, noch am Leben. Aber nur etwa ein Zehntel der Bienen, deren Mikrobiome durch Glyphosat verändert wurden, überlebten.
Daher empfehlen die Forscher, das Versprühen von Glyphosat auf Blütenpflanzen gänzlich zu vermeiden, um die Bienen nicht zu gefährden.
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