Goebbels-Schutt wird Kunst
29. November 2014"Die Arbeit soll erinnern und mahnen", sagte der für seine verstörenden Raumskulpturen bekannte Künstler Gregor Schneider. Er hatte das Geburtshaus von Hitlers Propagandaminster Joseph Goebbels in Rheydt, heute ein Stadtteil von Mönchengladbach, 2013 gekauft. Bei ihm sei es "in guten Händen, ließ der 45-Jährige wissen: "Es wäre unvorstellbar, wenn es zu einem Treffpunkt von Rechtsradikalen geworden wäre." Er finde es auch nicht richtig, wenn Menschen in das Haus eingezogen wären, ohne etwas von dessen Geschichte zu wissen.
Schneider hatte erwogen, die Immobilie komplett abzureißen; aus bautechnischen Gründen war das aber nicht möglich. Stattdessen ließ er den Bau komplett entkernen und den Schutt per Lastwagen nach Warschau transportieren. Es sei eine große Aufgabe, die ihn auch belaste."Dieser Ort ist zwar ein Geburtszimmer, aber er wird durch die Geschichte zu einem Täterort", so der Künstler über das Haus, in dem Joseph Goebbels 1897 geboren wurde. Greogor Schneider möchte mit seinem Kunstprojekt an die Millionen Opfer der Nazi-Diktatur erinnern, gleichzeitig soll die Ausstellung "Unsubscribe" ein Symbol des Abschlusses sein.
Provokante Kunst
Es ist eine gewagte Kunstaktion in einem Land, das besonders unter dem Nazi-Terror zu leiden hatte. In der polnischen Hauptstadt erinnern zahlreiche Gedenktafeln an Massenerschießungen, außerdem wurde Warschau 1944 nach einem blutig niedergeschlagenen Aufstand systematisch zerstört. Die Sprecherin der Zacheta-Galerie, Marta Mis-Michalska, sagte, man vertraue darauf, dass ein Künstler vom Range Schneiders nicht auf Sensationseffekte setze, sondern etwas ausdrücken wolle. "Als Galerie unterstützen wir vor allem die Freiheit der Kunst." Schneider, der Gewinner des Goldenen Löwen der Biennale in Venedig 2001, erregte immer wieder Aufsehen mit provokativen Rauminstallationen. Es bleibt abzuwarten, wie man in Warschau auf die Schuttausstellung reagieren wird. 2012 hatte die Präsentation einer Hitler-Statue im früheren Warschauer Ghetto einen Skandal ausgelöst. Kuratorin Anda Rottenberg hat keine Angst vor provokanter Kunst: Das Haus werde zum stummen Zeugen der Geschichte, sagte sie. Zugleich sei die Alltäglichkeit des Bauschutts eine Konfrontation mit der Banalität des Bösen, das hinter der unauffälligen Fassade lebe.
Die Ausstellung läuft vom 29. November 2014 bis zum 1. Februar 2015.
suc/az (dpa, rp online)