Großbritannien: Wachstum wird schwächer
27. April 2016Von Januar bis März wuchs die britische Wirtschaft nur noch um 0,4 Prozent zum Vorquartal. Das gab das Statistikamt in London bekannt. In den drei Monaten zuvor lag das Wachstum bei 0,6 Prozent. "Die gute Nachricht ist, dass Großbritannien weiter wächst", sagte Finanzminister George Osborne. "Aber es gibt Hinweise, dass die Gefahr eines EU-Abschieds auf unserer Wirtschaft lastet."
Unternehmen würden Investitionen oder Bauvorhaben verschieben, sagte Osborne. Einer Studie zufolge werden zudem freie Stellen häufiger befristet besetzt. Immer mehr Unternehmen scheuen sich danach, Mitarbeiter unbefristet einzustellen.
Auch im kommenden Quartal werde sich das Wachstum weiter abschwächen, vermutet der Ökonom James Knightley von der ING-Bank. "Die Brexit-Gefahr belastet das Geschäftsklima."
"Schwerer Schock"
In die Auseinandersetzung um den Brexit, also um Ausstieg oder Verbleib Großbritanniens in der EU, hat sich am Mittwoch auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD eingeschaltet. Ein Brexit wäre ein "schwerer Schock" für die britische Wirtschaft mit Folgen für Europa und die anderen OECD-Staaten, so die Organisation der Industrie-Staaten.
Die Wirtschaftskraft Großbritanniens wäre im Jahr 2020 um rund drei Prozent geringer als bei einem Verbleib in der EU, heißt es in einer Studie der OECD. 2030 würde diese Kluft auf über fünf Prozent anwachsen. OECD-Generalsekretär Angel Gurria sagte vor der offiziellen Veröffentlichung des Berichts, die Auswirkungen des Brexits entsprächen für jeden Bewohner dem Verlust eines Monatsgehalts über vier Jahre gerechnet.
"Fadenscheinige" Argumente
"Wir haben eine ganze Serie von Berechnungen angestellt", sagte Gurria, "und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der Brexit einer Steuer gleichkommt." Brexit-Befürworter nannten die OECD-Prognose "fadenscheinig".
Die OECD ist die vorerst letzte in einer ganzen Reihe von Organisationen, die sich gegen einen Brexit ausgesprochen haben. Dazu zählt auch der Internationale Währungsfonds IWF. Während eines Besuchs in Großbritannien hatte auch US-Präsident Barack Obama letzte Woche für einen Verbleib des Landes in der EU plädiert. Die Briten sind am 23. Juni zur Stimmabgabe im EU-Referendum aufgerufen.
ar/zdh (reu, dpa, afp)