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Politik

Grüne haben keine Lust auf Opposition

Nina Werkhäuser
24. November 2017

Die Grünen wären gerne Teil einer Jamaika-Koalition gewesen. Dementsprechend perplex waren sie, als die FDP das Handtuch warf. Am Samstag berät ein Bundesparteitag darüber, welche Optionen den Grünen jetzt bleiben.

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Deutschland Nach dem Ende der Sondierungsgespräche - Grüne | Cem Özdemir
Grünen-Chef Cem Özdemir, enttäuscht vom abrupten Ende der SondierungsgesprächeBild: picture alliance /dpa/M. Kappe

"An uns lag's nicht", betonen die Grünen mit Blick auf die gescheiterten Sondierungsgespräche, über die sie auf ihrem Parteitag am Samstag in Berlin diskutieren wollen. Als die FDP die Gespräche abbrach, reagierten die Grünen enttäuscht. Sie hatten nach vier Wochen des Ringens einen Durchbruch für möglich gehalten.

Auch hatten sie sich ihrem großen Ziel bereits nahe gewähnt: einer erneuten Regierungsbeteiligung im Bund. Seit 2005, als ihre gemeinsame Regierungszeit mit den Sozialdemokraten unter Kanzler Gerhard Schröder endete, sind die Grünen in der Opposition. In einer Jamaika-Koalition hätten sie wieder mitregieren können, auch mit ihrem Wahlergebnis von nur knapp 9 Prozent. Dafür seien sie in den Verhandlungen über ihre Schmerzgrenze gegangen, betont die Parteispitze.

Jamaika adé

"Wir waren einer Einigung nahe und hätten viel erreichen können", heißt es im Antrag, den der Bundesvorstand den 850 Delegierten vorlegt. Um gleich darauf mit dem Finger auf die FDP zu zeigen: Die Liberalen hätten die Gespräche "inhaltlich unbegründet" abgebrochen. Dabei habe die FDP, so stellt es die Verhandlungsführerin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, dar, "nahezu vollständig das bekommen, was ihr so wichtig war". Trotzdem habe FDP-Chef Christian Lindner die Interessen seiner Partei über die des Landes gestellt. Der hatte wiederum beklagt, die Verhandlungen seien gescheitert, weil Angela Merkel den Grünen zu weit entgegengekommen sei. In einem sind Grüne und FDP sich also einig: Der Traum vom Jamaika-Bündnis ist ausgeträumt.

Deutschland Schloss Bellevue Gespräch zu Koalitionsverhandlungen Die Grünen
Nach dem Scheitern der Sondierungen: Bundespräsident Steinmeier mit den Grünen-Vorsitzenden Özdemir und Peter Bild: picture-alliance/dpa/J. Denzel/Bundesregierung

"Bleiben gesprächsbereit"

Welche Möglichkeiten haben die Grünen jetzt noch? "Wir sind und bleiben gesprächsbereit", erklärt der Parteivorstand, der auf die wichtige Rolle des Bundespräsidenten in dieser schwierigen Lage verweist. "Wie wäre es mit einer schwarz-grünen Minderheitsregierung?", fragt hingegen ein Teil der Basis. So ruft etwa der Kreisverband Görlitz die Parteispitze auf, mit CDU und CSU Verhandlungen über eine Minderheitsregierung aufzunehmen. Ohne eine Regierungsbeteiligung der Grünen werde die Einhaltung der Pariser Klimaziele "völlig irreal", argumentieren die Antragsteller.

Eine Regierung ohne die FDP hätte außerdem größere finanzielle Spielräume, da vor allem die Liberalen auf Steuersenkungen bestanden hätten. Im Leitantrag des Bundesvorstands ist von der Beteiligung an einer Minderheitsregierung oder ihrer Tolerierung keine Rede, wohl aber vom "klaren Gestaltungsanspruch der Grünen", die in neun Bundesländern mitregieren. Aber nicht um jeden Preis: Dem jüngsten Vorschlag einiger SPD-Politiker, die Grünen könnten sich doch an einer möglichen Bundesregierung von CDU/CSU und SPD beteiligen, erteilten Spitzenpolitiker der Grünen zügig eine Absage. Eine große Koalition habe auch ohne die Grünen eine Mehrheit. 

Deutschland TV Duell Merkel - Schulz
Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Chef Schulz: Bei einer gemeinsamen Regierung bleiben die Grünen in der OppositionBild: Reuters/WDR/H. Sachs

Eigentlich sollte der eintägige Parteitag in Berlin dazu dienen, die Basis über das Ergebnis der Sondierungsgespräche abstimmen zu lassen. Nun wird er umfunktioniert in eine Aussprache zum Bundestagswahlkampf und zu den Sondierungsgesprächen. Neben Lob für die Geschlossenheit des Verhandlungsteams werden auch kritische Fragen erwartet: Wurden einige Kernforderungen der Grünen zu stark aufgeweicht, zum Beispiel in der Flüchtlingspolitik?

Auch für mögliche Neuwahlen wollen die Grünen sich schon rüsten. Sollte es dazu kommen, will der Parteivorstand die bisherigen Spitzenkandidaten, Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt, erneut ins Rennen schicken. Sie waren von den Parteimitgliedern gewählt worden. Aber auch hierzu liegt der Antrag eines Grünen vor, der damit nicht einverstanden ist: Da die beiden "in der deutschen Öffentlichkeit zu sehr in Richtung Jamaika festgelegt" seien, möge die Partei im Fall einer Neuwahl doch bitte auch neue Spitzenkandidaten bestimmen.

 

Nina Werkhäuser Reporterin