Grüne stellen Weichen für Europawahl
10. November 2018Ska Keller steht auf Platz eins der Europaliste, Sven Giegold auf Platz zwei. Keller rief die Grünen auf, sich kämpferisch gegen den Rechtspopulismus zu stellen. "Das Europa der Demokratie ist bedroht", sagte sie. "Die Rechtsnationalen wollen Europa zerstören."
Keller sagte in ihrer Bewerbungsrede vor den Delegierten, der derzeitige Zuspruch für die Grünen bringe "jede Menge Verantwortung" mit sich: "Es hängt auch von uns ab, wie es weitergeht in diesem Land." Die deutschen Grünen haben Keller auch als Spitzenkandidatin für die europäischen Grünen nominiert. Sie hat gute Chancen, in zwei Wochen in Berlin gewählt zu werden.
Giegold warb vor den Delegierten für ein soziales Europa. "Europa bedeutet miteinander, nicht gegeneinander." In seiner kämpferischen Rede fügte er hinzu: "Wir wollen kein rechtes Europa, wir wollen ein gerechtes Europa." Giegold versprach überdies, gegen Steuerflucht vorzugehen. Er betonte aber auch, dass Politik nicht ohne Kompromisse möglich sei. Insgesamt wollen die Grünen 40 Männer und Frauen für die Europawahl-Liste nominieren. Der Parteitag geht noch bis Sonntagnachmittag.
Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten weiterhin abgelehnt
Auf dem Parteitag haben die Grünen das Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten für schnellere Abschiebungen erneut abgelehnt. Die Delegierten verabschiedeten das Kapitel des Europawahlprogramms zu Asyl und Migration. Darin heißt es, die Einstufung von Staaten als sichere Herkunftsländer sei das falsche Instrument. "Es beschleunigt zudem keine Verfahren. Wir halten das Prinzip für falsch." Stattdessen brauche es "Personal und Priorisierungen" für schnellere Asylverfahren. Abschiebungen scheiterten an fehlenden Rückführungsabkommen.
Einem Bundestagsbeschluss zufolge soll die Liste sicherer Herkunftsstaaten um die Maghreb-Länder Tunesien, Algerien und Marokko sowie um Georgien ergänzt werden. Menschen von dort hätten dann in der Regel kein Recht auf Asyl in Deutschland. Die Bundesgrünen lehnen dies ab. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der mit der CDU regiert, zog mit seiner Zustimmung zu dieser Ausweitung heftige Kritik aus den eigenen Reihen auf sich. Im Bundesrat haben die anderen grün mitregierten Länder den Bundestagsbeschluss blockiert.
Gegen Massenlager in der EU
Die Grünen wenden sich in ihrem Parteitagsbeschluss auch gegen "abgesperrte Massenlager in der EU", gegen Transitzonen und gegen europäische Außenlager in Staaten außerhalb der EU. Auch die Unterstützung "von repressiven Regimen entlang der Fluchtrouten" lehnen sie ab. Stattdessen fordern sie legale Fluchtwege. An den EU-Außengrenzen sollen Flüchtlinge registriert und in Erstaufnahme-Einrichtungen versorgt werden. Nach einem Datenabgleich wollen die Grünen sie dann auf die anderen EU-Staaten verteilt sehen.
Ins Programm aufgenommen haben die Grünen zudem die Forderung nach einem "Klimapass" für Menschen, die vor den Folgen des Klimawandels fliehen müssen - etwa vor steigenden Meeresspiegeln. Die Industriestaaten müssten Bewohner bedrohter Inselstaaten aufnehmen.
hf/jj (afp, dpa)