Schulen in Guinea wieder offen
19. Januar 2015Es waren die längsten Ferien im westafrikanischen Guinea - unfreiwillig: Wegen der Ebola-Epidemie hatte die Regierung beschlossen, die Schulen und die Universität nach den großen Ferien nicht wieder zu öffnen. Am Montag (19.01.2014) hatten Kinder und Jugendlichen ihren ersten Schultag seit mehr als einem halben Jahr.
"Es bleibt immer ein Restrisiko", sagt Sakouba Keita, Mitarbeiter des guineischen Gesundheitsministeriums, im DW-Interview. Da die Zahl der Neuinfektionen aber zurückgehe und es in einigen Epizentren der Epidemie seit einer Woche keine Ansteckungen mehr gemeldet wurden, habe man sich entschlossen, die Schulen wieder zu öffnen. "In den Augen vieler Fachleute wäre die Schließung der Schulen nicht nötig gewesen, denn es hat nie Ansteckungen in Schulen gegeben." Im Dezember 2013 war die Krankheit in Guinea ausgebrochen, trotzdem waren die Schulen noch bis Juni 2014 geöffnet.
Händewaschen und Fiebermessen
In den vergangenen Wochen hat die Regierung zusammen mit internationalen Organisationen wie dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) damit verbracht, überall im Land Lehrer weiterzubilden: Was kann man tun, damit Ebola-Verdächtige nicht im Klassenzimmer landen? Was muss getan werden, wenn ein Kind in der Schule plötzlich Symptome entwickelt, die auf Ebola hindeuten? An alle Schulen wurden Chlor zur Desinfektion, Seife und Infrarot-Thermometer geliefert. Bevor viele der rund 2,5 Millionen Schüler am Montag wieder in die Klassenzimmer konnten, mussten sie sich an den neu eingerichteten Desinfektionsstellen die Hände waschen und ihre Temperatur überprüfen lassen.
"Ich habe heute morgen selbst gesehen, dass bei der Öffnung einer Schulen diese Vorsichtsmaßnahmen sehr gut eingehalten wurden", berichtet Claude-Adrien de Mun, UNICEF-Vertreter in Guineas Hauptstadt Conary, der DW. "Es wurde alles getan, um die Schulen so sicher wie möglich zu machen."
Allmähliche Rückkehr zur Normalität
Dass die Kinder wieder zur Schule gehen, signalisiere den Menschen, dass das Leben allmählich wieder zur Normalität zurückfinde, sagt Margaret Ann Harris, die in Guinea für die WHO tätig ist. Das sei zunächst eine gute Nachricht, aber: "Wir sind besorgt, dass die Menschen darüber vergessen, dass die Ebola-Epidemie in diesem Land noch nicht ausgestanden ist."
Laut WHO sank die Zahl der Ebola-Neuinfektionen in Liberia, Sierra Leone und Guinea in der zweiten Januarwoche auf den niedrigsten Stand seit dem Sommer. Trotz des Rückgangs sieht auch die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" keinen Anlass zum Aufatmen. "Für eine Entwarnung gibt es keinen Grund", sagte Vorstandsvorsitzender Tankred Stöbe dem Evangelischen Pressedienst. Gerade in Sierra Leone und Guinea sei die Lage weiter kritisch, die Sterblichkeitsrate alarmierend hoch. "In Guinea breitet sich die Epidemie immer noch weiter aus", betonte Stöbe. Besonders besorgniserregend sei, dass bisher nicht betroffene Regionen erstmals Infizierte meldeten und in diesen Gegenden Behandlungsmöglichkeiten fehlten.
Guineas Präsident droht mit Festnahmen
Zwei Tage vor Schulbeginn hatte Guineas Präsident Alpha Condé die Bevölkerung aufgerufen, beim Kampf gegen Ebola zu kooperieren. Er drohte mit der Festnahme von Menschen, die Maßnahmen gegen das Virus behinderten. Einige Bevölkerungsgruppen streiten noch immer die Existenz des Virus ab, andere verweigern aus Gründen des Glaubens oder der Tradition eine Behandlung.
Nach jüngsten WHO-Angaben starben seit Ausbruch der Epidemie mehr als 8400 Menschen an Ebola, knapp 21.300 Menschen infizierten sich. Das Schreckensszenario der US-Seuchenkontrollbehörde, das bis Januar 2015 mit bis zu 1,4 Millionen Infizierten rechnete, ist damit ausgeblieben. Bis auf wenige Ausnahmen waren alle Todesopfer in Sierra Leone, Liberia und Guinea zu beklagen. Mali, wo sieben Menschen an dem Virus gestorben waren, erklärte den Ausbruch auch am Montag offiziell für beendet.
Die Klassenzimmer sind noch nicht wieder voll
Viele Bänke in Guineas Klassenzimmern blieben an diesem Montag aber noch leer: Viele Eltern würden sich noch nicht trauen, ihre Kinder zur Schule zu schicken, glaubt UNICEF-Vertreter de Mun. Er hofft, dass auch diese Eltern in den kommenden Tagen Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen entwickeln. "Je länger ein Kind der Schule fern bleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass es die Schule ganz abbricht." Die Kinder, die er an diesem Morgen gesehen habe, seien sehr froh gewesen, ihre Freunde und ihre gewohnte Umgebung wieder zu sehen, so de Mun. "Sie freuen sich, dass die Zeit, in der sie zu Hause bleiben mussten, vorbei ist." In Liberia, wo die Schulen seit Ende Juli 2014 geschlossen sind, ist der Start für den 2. Februar vorgesehen.