Gute Chancen für indonesischen Außenseiter
5. Juli 2004In den ärmeren Vororten Jakartas haben sie ihm kleine Schreine errichtet, sein Pandabärgesicht strahlt auf T-Shirts, Poster mit seinem Konterfei hängen in Imbissbuden und an Taxiständen, die man ihm zu Ehren umbenannt hat. Er ist der aufsteigendem Politikstar Indonesiens, die große weiße Hoffnung: Susilo Bambang Yudhoyono, für die meisten bloß "SBY".
Der 51jährige Motorradtaxifahrer Budi Utario gehört zu den Anhängern des pensionierten Vier-Sterne-Generals und früheren Sicherheitsminister. Budi hat sich seine Haare in Form der Buchstaben S, B und Y rasieren lassen. "Wir mögen SBY, weil wir sehen, dass er der Beste ist. Wenn SBY gewählt wird, ändert sich vielleicht was für den kleinen Mann auf der Straße."
Die abgehobene Präsidentin gegen den Mann des Volkes
Seit Megawati Sukarnoputri, die berühmte Tochter von Indonesiens erstem Präsidenten Sukarno, 1999 für das Amt kandidiert hatte, sah man eine derartige Leidenschaft auf Indonesiens Straßen nicht mehr. Heute haben die Menschen genug von steigenden Kosten für Essen und den Gebrauchswaren, von der strengen Politik der Präsidentin gegenüber Schwarzarbeitern. Hunderten Betreibern von Fahrradrikschas und Essenshändlern wurde die Arbeit in Jakarta durch die lokalen Behörden verboten, mit Unterstützung der Präsidentin. Leute wie Budi Utario wenden sich von Megawati ab.
Die Präsidentin wirkt wie eine javanesische Prinzessin, geboren um zu herrschen, mit wenig Interesse am Leben und den Bedürfnissen des einfachen Indonesiers. Analysten sagen, Yudhoyono sei ihr bescheidenes Gegenteil. Der sitzt nach zwölf Stunden langer Fahrt in Bandung, der Hauptstadt von West Java, und hört geduldig zu, während Künstler und ein Professor quälend lange Reden halten und von ihm eine Änderung von Indonesiens trauriger ökologischer Bilanz fordern.
Mit 'Soft Skills' zum Präsidenten?
Seine Zeit damit zu verbringen, Umweltschützern zuzuhören, scheint eine kluge Politik Yudhoyonos zu sein. Analyst Daniel Sparringga erklärt, Demut und die Kunst zuzuhören seien genau die Qualitäten, die die Indonesier sich von ihrem nächsten Präsidenten wünschten: "Demut ist sehr wichtig, genauso wie Anteilnahme und Einfühlungsvermögen."
Im Gegensatz zu anderen Präsidentschaftskandidaten wie Megawati, Vize-Präsident Hamzah Haz oder General Wiranto, Ex-Befehlshaber des Militärs, werde Yudhoyono als neuer Spieler im Politikbusiness gesehen, der noch nicht durch uneffizientes Regieren oder Menschenrechtsverletzungen verdorben sei, wie sein Polit-Stratege Rachmat Witoelar ausführt. "Die Leute fragen: 'Wer ist der Neue im Geschäft? Habt ihr den Neuen gesehen?'"
Und natürlich ist es hilfreich, dass er ein gut aussehender Sänger ist, der die Menge mit seinem Gesang betören kann, gesteht Witoelar. Aber entscheidend sei wahrscheinlich seine starke Persönlichkeit, die Megawati fehle. Nach sechs Jahren voller Aufstände, Sektiererei, ethnischen und separatistischen Konflikten von Papua bis Aceh punktet Yudhoyono mit seinem besonnenen Image vor allem bei der Mittelklasse, die mehr will als nur Charisma und gutes Aussehen.
Konflikte vor Ort lösen
In einer Debatte mit Präsidentschaftskandidat Amien Rais, sagt Yudhoyono, er würde kein Militär einsetzen, um ethnische oder separatistische Konflikte zu lösen: "Ich werde nach Lösungen vor Ort suchen. Wir müssen nicht immer nach Jakarta rufen, um diese Probleme anzugehen. Ich glaube, dass lokale Gruppen diese Schwierigkeiten selber beilegen können."
Budi Pramadya, Angestellter eines Telefonunternehmens in Jakarta, hält es für ein gutes Zeichen, dass Yudhoyono ausgerechnet Jusuf Kalla zum möglichen Vizepräsidenten benannt hat. Kalla, Minister für Soziales, ist berühmt für regionale Friedensbeschlüsse, die er vermittelt hat. Diese Wahl sei ein Beweis dafür, dass Yudhoyono die Probleme Indonesiens ernsthaft anpacken wolle: "Die Zusammenarbeit zwischen den beiden ist eine zwischen Planer und ausführender Hand."
In den letzten sechs Monaten ist die Unterstützung für Yudhoyono gewachsen. Nach den letzten Umfragen würden 45 Prozent der Indonesier ihn wählen, während Präsidentin Megawati oder der frühere Armeechef General jeweils gerade auf elf Prozent erreichen.