Gündogans Tor reicht nur für ein Remis
6. September 2020Die besonderen Umstände in einem Fußballstadion in dieser Corona-Pandemie geben immer wieder neue Einblicke in das Innenleben von Fußball-Mannschaften. Beim insgesamt enttäuschenden 1:1 (1:0) in der Nations-League-Partie der deutschen Elf in der Schweiz zeigte sich recht schnell, wer die entscheidenden Anweisungen auf dem Feld gibt, wenn die deutsche Mannschaft etwa schnell in den Angriff umschalten soll. Oder die Teamkollegen aufgefordert werden, möglichst schneller mit in der Defensive zu helfen.
Ilkay Gündogan ist derjenige, der das verbale Zepter in die Hand nimmt und die Richtung vorgibt. Auch nach dem Spiel. "Wir haben Bälle vorne zu leicht verloren. Das hat sich schon in der ersten Hälfte angedeutet. So etwas darf einfach nicht passieren. Das geht mir auf den Sack, ich bin unzufrieden", sagte Gündogan nach dem Spiel überaus verärgert. Damit meldet der Mittelfeldstratege zugleich einen Führungsanspruch an.
Ein Lieblingsspieler von Guardiola
Gemeinsam mit Toni Kroos ("Das war zu wenig von uns. Daran müssen wir arbeiten") organisierte der 29 Jahre das Schaltzentrum der deutschen Mannschaft und versuchte mit vielen Kurzpässen dem Spiel der DFB-Elf die richtige Richtung vorzugeben. Es ist kaum verwunderlich, dass Gündogan bereits seit 2016 beim Klub von Trainer Pep Guardiola, Manchester City, unter Vertrag steht.
Es gibt wohl wenige Fußballprofis wie Gündogan, die diese vom Spanier besonders geliebte Mischung aus Ball- und Passsicherheit gepaart mit der Übersicht für die Räume seiner Mitspieler vereint. Gündogan wäre wohl ein für Guardiola auch schon ein nahezu perfekter Spieler gewesen, hätte der gebürtige Gelsenkirchener schon in der großen Ära des FC Barcelona, als die Katalanen den europäischen Fußball prägten und auch beherrschten, seinen jetzigen Fähigkeiten unter Beweis stellen können.
Ruhe am Ball
Eine weitere Qualität zeichnet Gündogan zudem aus: Er ist stets in der Lage, Tore zu erzielen. Auch gegen die Schweiz zeigte er diese Fähigkeit, als er eine Vorlage von Matthias Ginter überlegt aus 20 Metern mit der Innenseite zur Führung einschob. Aus diesem Treffer sprach der außergewöhnliche Überblick in engen Situationen, in denen Handlungsschnelligkeit gefragt ist.
Gündogan behält die Ruhe, auch wenn gleich drei Gegenspieler auf ihn zustürmen und ihm unter allen Umständen den Ball abnehmen wollen. Diese besondere Qualität prägt sein Spiel: die Ruhe am Ball, die Intelligenz, Spielsituationen bestmöglich aufzulösen, die oft schon aussichtslos scheinen. Dafür nutzt Gündogan so häufig das Mittel des Kurzpasses, der so unspektakulär erscheint, der aber doch so wirkungsvoll ist, um immer wieder neue Spielsituationen zu schaffen. Dass Gündogan mit Kroos auf einen Bruder im Geiste als seinen Nebenmann zugreifen kann, erleichtert den zentralen Mittelfeldspielern häufig, Lösungen zu finden.
Zentimetergenaue Pässe
Allerdings birgt dieses Duo im Mittelfeld auch Gefahren für das deutsche Spiel. Denn weder Gündogan noch Kroos sind Sprinter. Verliert einer von ihnen mal den Ball, haben sie oft Probleme, die Lücke zu schließen. Dennoch können die Vorteile überwiegen, weil vor allem die besonders schnellen Stürmer wie Timo Werner und Leroy Sané von den zentimetergenauen Zuspielen Gündogans und Kroos’ profitieren können.
Gegen die Schweiz deutete sich dies in ein paar Szenen vor allem in der ersten Hälfte an, auch wenn keine Aktion zum Ziel führte. In der zweiten Halbzeit hatte auch Gündogan zunehmend Probleme, weil auch ihm die Kräfte schwanden. Und auch bei Kroos wurden die Beine offenbar immer schwerer.
Gündogan und Kroos werden wohl auch künftig häufiger die entscheide Schaltstelle im deutschen Spiel bleiben. Sie können die entscheidende Lösung im Projekt Neuaufbau von Bundestrainer Joachim Löw werden.
Haben Sie das Spiel verpasst? Dann können Sie hier noch einmal alle wichtigen Szenen im DW-Liveticker nachlesen.
SCHWEIZ - DEUTSCHLAND 1:1 (0:1)
(Gündogan, 14'/Widmer, 58')
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APFIFF
90.+1 Minute - GELBE KARTE 🔶 :DRAXLER steigt Akanji von hinten in die Beine und wird zu Recht verwarnt.
89. Minute: Das deutsche Team wirkt müde, kaum vorstellbar, dass Kroos und Co hier noch als Sieger vom Platz gehen werden. Im Gegenteil, die Schweiz war zuletzt das bessere Team, das sich deutlich mehr Torchancen erspielt hat. Erneut Freistoß für die Schweiz, kurz vor dem Sechzehner. Akanji spielt die Mauer an, aber der zweite Ball landet im Strafraum bei Xhaka, der den Ball knapp am langen Pfosten vorbeizieht. Huih! Wie gegen Spanien steht Deutschland zum Ende der Partie gehörig unter Druck.
85. Minute: Zentrale Freistoßposition für die Schweiz. Ein Fall für Xhaka. Torhüter Leno klärt den Aufsetzer zur Ecke. Diese kann erst geklärt werden, dann taucht die Schweiz aber weder im Strafraum auf, Vargas verlängert den Ball am rechten Fünfereck mit der Hacke, der geht jedoch am langen Pfosten vorbei.
81. Minute: Wieder die Eidgenossen. Zuber legt von links in die Mitte, wo plötzlich Defensivmann Elvedi auftaucht und direkt abschließt: der Ball fliegt übers Tor.
76. Minute - WECHSEL 🔃: Bundestrainer Löw musste Gosens auswechseln, er hatte sich nach einem beherzten Zweikampf an die Leiste gefasst. Für ihn kommt CAN ins Spiel. Damit ist das Wechselkontigent jedoch ausgeschöpft - Waldschmit als Offensivspieler wäre da vielleicht eine Belebung gewesen. Kurz darauf verlässt bei den Schweizern Sow den Platz, ABEISCHER ersetzt ihn.
75. Minute: Deutschland spielt sehr statisch, wirkt körperlich nicht mehr frisch. Torchancen hat sich das DFT-Team schon lange nicht mehr erarbeitet.
73. Minute - WECHSEL 🔃: Embolo kann nicht weiterspielen, für spielt jetzt VARGAS. Gute Besserung für den Borussen-Profi.
69. Minute: Ginter trifft seinen Vereinskollegen Embolo - der mit seinen langen Schritten das deutsche Team immer wieder vor Problemen stellt - am Schienbein. Embolo scheint Schmerzen zu haben. Er humpelt vom Platz - es sieht aber nicht so aus, als ob er weiterspielen könnte.
65. Minute - WECHSEL 🔃: Bei den Schweizern kommt ZUBER für Rodriguez. Kurz darauf die Gastgeber wieder mit einer Offensivaktion und am Ende mit einem Distanzschuss - der Ball flattert ganz schön, aber dennoch kein Problem für Leno.
64. Minute: Ziemlich schnell überbrücken die Eidgenossen das Mittelfeld - dank des schnellen Embolos. Gosens passt auf und blockt seinen Vertikalpass ab. Die deutsche Mannschaft offenbart viel zu viele Löcher -wie ein Schweizer Käse.
62. Minute - WECHSEL🔃: Bundestrainer Löw ersetzt Süle durch TAH.
58. Minute - TOR ⚽: Der Ausgleich durch WIDMER. Nach einem Fehlpass von Brand passt Akanji auf Xhaka, der spielt zu Embolo. Der hat auf der linken Seite viel Platz, Süle geht nicht wirklich ran. Embolo passt flach in den Strafraum. Dort steht Widmer, der direkt schießt - Torhüter Leno hat da kaum eine Chance.
57. Minute: Über anderthalb Minuten spielt sich das deutsche Team den Ball zu, dann spielt es wieder hinten rum, weil es keine Ideen findet, in den Strafraum zu gelangen.
54. Minute: Und wieder ist Draxler an der nächste Aktion beteiligt. Im Strafraum versucht er sich gegen gleich drei Eigenossen durchzusetzen, gegen den ersten schafft er es sehenswert mit einem Lupfe, dann aber bleibt er hängen.
51. Minute: Brandt, Gündogan, Gosens, Draxler - dessen Hereingabe in den Strafraum ist zu ungenau. Kurz darauf hat der Profi von Paris St. Germain eine Torchance, nach einem Zuspiel von Ginter, aber sein Schuss wird vom Dortmunder Akanji noch zur Ecke abgewehrt.
48. Minute: Unpräziser Pass von Draxler auf Gosens. Zuvor hatte das DFB-Team eine gute Offensivaktion gezeigt, in der auch der eingewechselte Brandt mit einer Spielverlagerung nach links zu Gosens beteiligt war. Die Hereingabe vom Spieler von Atalanta Bergamo wird jedoch abgefälscht und landet bei Torhüter Sommer in den Armen.
46. Minute - WECHSEL 🔃: Bundestrainer Löw wechselt BRANDT für Sané ein.
WIEDERANPFIFF
HALBZEIT - Die Schweizer stehen hinten mit einer gut gestaffelten Fünferkette, dem DFB-Team fehlen kreative Ideen, um öfter in den Strafraum zu gelangen. Die Führung gelingt dem DFB-Team durch Gündogan mit einem gefühlvollen Flaschuss. In der zweiten Hälfte der ersten 45 Minuten erspielt sich auch die Schweiz einge gute Möglichkeiten.
44. Minute: Leno lenkt einen Ball von Xhaka über die Latte - Ecke für die Gastgeber, die jedoch harmlos ist. Kurz darauf versucht es Sané mit einem Konter, verstolpert aber den Ball und landet dann mit am Abpfiff ebenfalls im Gras.
41. Minute: Kehrer stolpert über den Ball ohne Fremdeinwirkung, so kommen die Eidgenossen wieder an den Ball, aber bei der Hereingabe passt Ginter auf und köpft den Ball aus dem Strafraum. Auf der anderen Seite tut sich die DFB-Elf schwer, die Fünferkette der Schweizer zu durchbrechen: es fehlt das Überraschungsmoment. Dann wieder hat Steffen eine gute Chance für die Schweiz nach einem durchgesteckten Ball, aber der Winkel ist dann doch etwas zu spitz.
38. Minute: Gosens, der bisher ein gutes 2. Spiel für Deutschland macht, passt von links zurück auf Werner im Strafraum, der den Ball hart, aber nicht präzise genug schießt: der Ball fliegt deutlich übers Tor.
35. Minute: Huih - Seferovic zieht ab, Ginter lenkt den Ball ganz leicht noch ab und übers Tor. Ecke für die Schweiz, die jedoch nicht gut ausgespielt wird..
31. Minute: Doppelchance für Deutschland, aber da ist die (Abseits-)Fahne oben. Gündogan sieht Werner auf der linken Seite, der den Ball flach in den Strafraum spielt. Sané lässt den Ball durch, Draxler kommt völlig frei aus rund 10 Metern zum Abschluss - und schießt Torhüter Sommer an. Der Abpraller landet vor Sanés Füßen, aber der schießt ebenfalls Sommer an und zudem stand er im Abseits.
30. Minute - GELBE KARTE 🔶: Der deutsche Spieler SÜLE wird verwarnt, nachdem er sich Embolo in den Weg gestellt hat. Taktisches Foul nennt man das wohl.
26. Minute: Da die Eidgenossen keinen Weg durch die deutsche Abwehr finden, zieht Sow aus der Distanz ab: hart aber nicht präzise genug. Kurz darauf muss Leno jedoch eingreifen, als Embolo auf Steffen durchsteckt. Der versucht es mit einem Ball ins kurze Eck, aber Leno passt auf. Da sah die deutsche Hintermannschaft nicht besonders gut aus.
22. Minute: Bei Sané merkt man seine fehlende Spielpraxis nach seiner langen Verletzung und der coronabedingten Pause doch deutlich an - das ist aber auch allzu verständlich. Er braucht die Spielpraxis und die bekommt er von Bundestrainer Löw. Zuvor hatte sich in der deutschen Hälfte Seferovic gut durchgesetzt, nach seinem Pass zu Benito ist dessen Abschluss aus 18 Metern aber ganz ungefährlich.
Seferovic kämpft sich durch und legt quer für Linksverteidiger Benito. Dessen Abschluss aus ca. 18 Metern ist alles andere als gefährlich.
17. Minute: Kroos tritt eine Ecke, und Rüdiger probiert es, klar - bei seiner Größe - mit dem Kopf: Doch der Aufsetzer landet weit neben dem langen Pfosten.
14. Minute - TOR ⚽: Das ist die Führung für die DFB-Elf. Nach einem sehr statischen Spielaufbau profitiert die DFB-Elf von einem gefühlvollen Flachschuss von GÜNDOGAN. Ginter hatte zuvor von der Grundlinie clever zurück auf Gündogan gespielt, der den Ball mit der Innenseite aus dem Rückraum ins kurze Eck schießt.
11. Minute: Erste Ecke für Deutschland. Kroos wählt die kurze Variante, die dann folgende Hereingabe pflückt Torwart Sommer runter. Kurz darauf passt der deutsche Torhüter Leno auf, als er vor Seferovic an den Ball kommt.
10. Minute: Freisetoß von der rechten Seite für die Schweizer - der Ball fliegt Richtung langer Pfosten - aber da ertönt schon der Pfiff: Offensivfoul.
7. Minute: Der erste Torschuss. Sané dringt in den Strafraum ein, weiß dann aber nicht, wohin er abspielen soll. Er zögert lange, dann zieht er mit seinem schwächeren rechten Fuß ab - kein Problem für den Schweizer Torwart Sommer.
4. Minute: Gosens bleibt beim Spielaufbau der DFB-Elf hartnäckig und sieht Sané. Der versucht auf Kehrer direkt durchzustecken, aber der Ball ist zu langsam und wird abgefangen.
2. Minute: Die Schweizer machen auf die deutsche Abwehr auf der rechten Seite ganz schön Druck. Rüdiger und Kehrer tun sich schwer, sich zu befreien.
ANPFIFF ⏰
20:42 Uhr: Während die Nationalhymnen laufen, ein paar Worte zur Europameisterschaft 2021. Sowohl die Schweiz als auch Deutschland sind qualifiziert. Bei den Nations-League-Spielen geht es auch darum, sich einen gewissen Respekt der Gegner zu erspielen für die kommende EM. "Wir haben unglaublich starke, junge, talentierte Spieler, gepaart mit Spielern, die viel Erfahrung haben: Toni Kroos, Manuel Neuer, Ilkay Gündogan. Wir haben eine gute Mischung", sp DFB-Direktor Oliver Bierhoff. "Deswegen bin ich zuversichtlich. Wir werden nicht als Favorit in das Turnier gehen. Aber wir werden unsere Chance haben."
20:39 Uhr: Natürlich wird auch hier in der Schweiz ohne Zuschauer gespielt: 454 Menschen dürfen ins Stadio, darunter natürlich die Spieler. Und damit kommen wir zu den Aufstellungen. Die Eidgenossen starten mit sechs Bundesliga-Profis, drei davon alleine sind bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag.
Schweiz: Sommer (Bor. Mönchengladbach) - Widmer (FC Basel), Elvedi (Bor. Mönchengladbach), Akanji (Borussia Dortmund), Ricardo Rodriguez (FC Turin), Benito (Girondins Bordeaux) - Embolo (Bor. Mönchengladbach), Sow (Eintracht Frankfurt/23/9), G. Xhaka (FC Arsenal), Steffen (VfL Wolfsburg) - Seferovic (Benfica Lissabon)
Deutschland: Leno (FC Arsenal) - Ginter (Bor. Mönchengladbach), Süle (Bayern München), Rüdiger (FC Chelsea) - Kehrer (Paris Saint-Germain), Kroos (Real Madrid), Gündogan (Manchester City), Gosens (Atalanta Bergamo) - Draxler (Paris Saint-Germain) - L. Sané (Bayern München), Werner (FC Chelsea)
20:33 Uhr: Seit der Einführung der Nations League in der Saison 2018/2019 ist dem DFB-Team noch kein Sieg in diesem Wettbewerb gelungen. Klappt es nun beim sechsten Spiel? „Natürlich gehen wir gegen die Schweiz mit der Intention ins Spiel, drei Punkte zu machen. Das ist ganz klar“, so Bundestrainer Joachim Löw. Der Druck, endlich ein Nations-League-Spiel zu gewinnen und die Notwendigkeit, zu rotieren, um die Belastung seiner Spieler auszugleichen - das ist die Herausforderung für Löw.
20:30 Uhr: Herzlich Willkommen zum DW-Liveticker – das 2. Nations-League-Spiel für das DFB-Team in dieser Saison steht an: in Basel gegen die Schweiz.
Die Eidgenossen haben ihren Auftakt gegen die Ukraine verloren, Deutschland musste gegen Spanien kurz vor dem Ende noch den 1:1-Ausgleich hinnehmen.
Das Spiel im Baseler St.-Jakob-Park findet ohne Kai Havertz statt. Der Ex-Leverkusener schloss sich am Freitagabend dem FC Chelsea an und bleibt in London. So kommt es, wenn es ums Toreschießen geht, wohl in erster Linie auf Havertz' neuen Teamkollegen Timo Werner an und auf mit Leroy Sané auf einen Spieler, der gerade den umgekehrten Weg gegangen ist: aus der Premier League zurück in die Bundesliga.