Haftstrafe wegen Versklavung einer Jesidin
21. Juni 2023Das Oberlandesgericht im rheinland-pfälzischen Koblenz hat eine IS-Anhängerin zu neun Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Sie wurde wegen der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Versklavung eines Menschen, Beihilfe zum Völkermord und Kriegsverbrechen schuldig gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 37-Jährige in ihrer Zeit bei der dschihadistischen Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak eine junge Jesidin drei Jahre lang "im eigenen Interesse als Haushaltssklavin missbraucht" hat.
In Syrien dem IS angeschlossen
Anfang 2013 hatte die Angeklagte ihren späteren Ehemann in einer Bar in Nordrhein-Westfalen kennengelernt. Das Paar heiratete nach islamischem Ritus. Die beiden reisten im Dezember 2014 nach Syrien, um sich dem IS anzuschließen. 2015 zog das Paar nach Mossul in den Irak.
Der Mann arbeitete für den IS als Arzt, während seine Frau ihn durch das Führen des Haushalts und die Erziehung der 2015 und 2018 geborenen Töchter im Sinn des IS unterstützte. Das Paar bewohnte in Mossul ein Haus, deren rechtmäßige Bewohner vor dem IS geflohen oder vertrieben worden waren. Darin lagerten die Frau und der Mann eine große Menge an Sprengstoff und Waffen.
Jesidin wie Eigentum behandelt
Ab April 2016 hielten beide eine jesidische Frau als Sklavin, die sich mutmaßlich seit 2014 in Gefangenschaft des IS befand. Diese zwangen sie an ihren Wohnorten im Irak und in Syrien zur Hausarbeit und behandelten sie wie Eigentum. Mit Wissen der Angeklagten vergewaltigte der Mann sie regelmäßig und schlug sie.
Die Angeklagte habe die Vergewaltigungen ermöglicht und gefördert, führte die Richterin aus. Sie habe dafür gesorgt, dass die Jesidin das Haus nicht verlassen konnte, so die Richterin weiter. Das Paar zwang die Frau, nach dem islamischen Ritus zu beten oder die Fastenzeiten des Ramadans einzuhalten. Damit hätten sie das Ziel des IS unterstützt, den jesidischen Glauben zu vernichten.
Von Kurden festgenommen
Im März 2019 wurde die Familie mit der Sklavin bei einem Fluchtversuch durch kurdische Kräfte gefasst. Bei ihrer Wiedereinreise nach Deutschland wurde die 37-Jährige im März 2022 festgenommen.
Die junge Jesidin war eigens zur Urteilsverkündung wie auch schon für ihre Aussage aus ihrer Heimat angereist. Ihr gebühre großer Respekt, dass sie den Weg aus dem Irak auf sich genommen und die Stärke gefunden habe, vor fremden Menschen auszusagen, hob die Richterin hervor. Laut ihrer Anwältin ist die Jesidin mittlerweile mit ihrer Jugendliebe verheiratet. Allerdings sei ihre Mutter während ihrer Gefangenschaft gestorben. "Darunter hat sie sehr gelitten und leidet sie auch heute noch".
uh/jj (dpa, afp)