Hamas will Vergeltung
3. Januar 2009Am siebten Tag der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen attackierten israelische Kampfflugzeuge am Freitag (02.01.2009) nach Angaben eines Armeesprechers mehr als 30 Ziele der radikalislamischen Hamas. Zu den Zielen gehörte eine Moschee in der Ortschaft Dschabalija im Norden des Gazastreifens, die laut israelischer Armee von der Hamas als Waffenlager genutzt worden sei. Die israelische Luftwaffe flog auch in der Nacht zu Samstag Angriffe auf Ziele der Hamas im Gazastreifen. Das sagte eine Armee-Sprecherin am frühen Morgen, ohne weitere Angaben zu machen. In Gaza werden inzwischen mehr als 400 Toten gezählt. Im Gegenzug feuerten militante Palästinenser mehr als 20 Raketen auf israelische Städte ab.
Bush verurteilt die Hamas
US-Präsident George W. Bush hat die Raketenangriffe der Hamas als Terrorakt bezeichnet. Er werde keine weitere einseitige Waffenruhe im Gazastreifen zulassen, die Gewalt von Seiten militanter Palästinenser zulasse, erklärte der Präsident in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache am Samstag. Das Weiße Haus veröffentlichte die Rede am Freitag vorab.
Zusagen der Hamas reichten nicht, sagte Bush. Es müsse Überwachungsmechanismen geben um sicherzustellen, dass der Waffenschmuggel an Terrorgruppen in Gaza ein Ende habe. Die USA stünden an der Spitze diplomatischer Bemühungen, um eine Waffenruhe zu erreichen, die vollständig eingehalten werde. Bush übte keine Kritik an Israel wegen der Luftangriffe im Gazastreifen.
Hamas droht
Der im syrischen Exil lebende Hamas-Chef Chaled Maschaal hat eine Kapitulation seiner Organisation angesichts der israelischen Militäroffensive ausgeschlossen. Im Fall eines Bodenangriffs erwarte den Feind eine "düstere Zukunft", sagte der Chef der radikalislamischen Hamas am Freitag im arabischen Fernsehsender El Dschasira. "Ihr habt uns den Krieg aufgezwungen. Wir sagen Euch, dass wir bereit sind, dass die Hamas nichts von ihren militärischen Fähigkeiten eingebüßt hat und dass wir siegen werden", erklärte Maschaal an die Adresse der israelischen Führung gerichtet. "Unser Volk in Gaza wird in jedem Haus und in jeder Straße kämpfen", fügte er hinzu.
Option Selbstmordattentate
Am Freitag haben tausende Palästinenser im Westjordanland ihrer Wut Luft gemacht. Sowohl im Ostteil Jerusalems als auch am Sitz der palästinensischen Autonomieverwaltung in Ramallah gingen sie am auf die Straße. "Wir werden unsere Seele und unser Blut für Gaza opfern", skandierten die Demonstranten. Im Osten Jerusalems hatten sich mehrere tausend muslimische Gläubige zunächst an der El-Aksa-Moschee friedlich zum Freitagsgebet versammelt. Dann warfen Palästinenser Steine auf israelische Polizisten, die Tränengas einsetzten. Dutzende verschleierte Frauen zogen mit Hamas-Fahnen durch Jerusalemer Stadttore. Im Stadtviertel Ras el Amud wurden zwei Brandsätze auf israelische Polizisten geworfen. Israel hatte tausende Sicherheitskräfte mobilisiert und hat das Westjordanland seit Donnerstag um Mitternacht aus Sorge vor Anschlägen für 48 Stunden komplett abgeriegelt.
Den Palästinensern stünden alle Optionen für einen Gegenangriff offen, auch Selbstmordattentate, sagte Hamas-Sprecher Ismail Radwan.
Weltweit protestieren Muslime gegen Israel
Nicht nur im Nahen Osten kam es am Freitag zu Protestdemonstrationen. Weltweit gingen zehntausende Muslime auf die Straße. Nach den Freitagsgebeten prangerten Demonstranten in Ostafrika und in einigen Ländern Asiens die israelische Militäroffensive an. In der indonesischen Hauptstadt Jakarta demonstrierten mehr als 10.000 Menschen vor der US-Botschaft. Die Demonstranten richteten Raketenattrappen mit der Aufschrift "Ziel: Tel Aviv" auf das Botschaftsgebäude, das von hunderten Polizisten bewacht wurde.
Auch in der afghanischen Hauptstadt Kabul versammelten sich bei Protesten rund 3000 Menschen. Ein Mullah verurteilte vor der Menge die US-Unterstützung für Israel und leitete Sprechchöre "Tod für Amerika". In Istanbul demonstrierten nach Berichten türkischer Nachrichtenagenturen rund 5000 Menschen gegen die israelische Militäroffensive, zahlreiche Flaggen wurden verbrannt.
Warnungen aus Teheran und Damaskus
In der iranischen Hauptstadt Teheran zogen rund 6000 Demonstranten durch die Stadt zum Palästina-Platz. "Der wahre Holocaust findet in Gaza statt", stand auf Transparenten. Einer der führenden Ayatollahs, der vormalige Präsident Haschemi Rafsandschani, warnte Israel eindringlich vor einer Bodenoffensive. Selbst wenn die Hamas-Regierung gestürzt würde, würde der palästinensische Widerstand nur größer, sagte er.
Nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus demonstrierten rund 2000 Menschen beim palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk und trugen Plakate mit der Aufschrift "Der Dschihad wird uns einen". In Damaskus protestierten mehrere hundert Menschen vor der historischen Omajaden-Moschee.
Demonstrationen auch in Deutschland
Tausende Menschen haben dem Aufruf der Hamas folgend auch in mehreren deutschen Städten gegen die Angriffe Israels auf den Gazastreifen demonstriert. In Stuttgart kamen nach Polizeischätzungen etwa 3500 Menschen mit lauten Sprechchören, Flaggen und Transparenten zusammen. In Hamburg gingen nach Angaben der Polizei knapp 4000 Menschen auf die Straße. In Berlin waren es etwa 1000 Demonstranten.
Europäer planen Friedensgespräche
Die Europäer bemühen sich derweil weiter um eine diplomatische Lösung. Der schwedische Außenminister Carl Bildt und seine Kollegen aus Frankreich und Tschechien, Bernard Kouchner und Karel Schwarzenberg, wollen am Sonntag gemeinsam in den Nahen Osten reisen und für eine Waffenruhe werben. Auch Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist in der kommenden Woche zu einer Vermittlungsmission in der Region unterwegs. Die israelische Außenministerin Zipi Livni hatte am Donnerstag nach einem Treffen mit Sarkozy allerdings bekräftigt, dass alleine Israel über das Ende der Angriffe entscheide.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sicherte derweil den arabischen Staaten seine "ausdrückliche Unterstützung" bei ihren Vermittlungsbemühungen im Nahen Osten zu. Bei einem Telefonat mit seinem saudiarabischen Amtkollegen Saud el Faisal machte Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin zudem seine Sorge deutlich, dass die Entwicklungen im Konflikt um den Gazastreifen die Positionen der "gesprächsbereiten Kräfte in der arabischen Welt" zu untergraben drohe. (vem/sam)