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"Die Energiewende kann nicht an deutschen Grenzen haltmachen"

Nina Werkhäuser8. Februar 2014

Deutschland müsse wieder mehr Verantwortung für die ökologisch-soziale Erneuerung in Europa übernehmen, fordert die Spitzenkandidatin der Grünen für die Europawahl, Rebecca Harms. Das schaffe auch Arbeitsplätze.

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Rebecca Harms beim Bundesparteitag der Grünen in Dresden (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Bei der Wahl der Spitzenkandidatin sind Sie von der 32-jährigen Europa-Abgeordneten Ska Keller herausgefordert worden. Wie haben Sie diese Abstimmung wahrgenommen?

Rebecca Harms: Das war eine Auseinandersetzung über die Frage, ob die Jungen es auch so gut können wie die Alten oder vielleicht sogar besser. Ich wusste schon immer, dass das Europäische Parlament und auch die Vermittlung europäischer Ideen und Politik Erfahrung voraussetzt. Es braucht auch ein besonderes Gespür für das Gespräch mit Bürgern, und ich glaube, das habe ich.

Sie sind erneut Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die Europawahl. Was wird Ihr Hauptthema im Wahlkampf sein?

Deutschland muss in diesem Wahlkampf gezwungen werden, wieder mehr Verantwortung zu übernehmen für die ökologisch-soziale Erneuerung in Europa. Die Energiewende kann nicht an deutschen Grenzen haltmachen. In diesem Bereich können wir die in vielen Ländern darniederliegende Wirtschaft wirklich nach vorne bringen und Arbeit schaffen. Arbeit zu schaffen, auch für junge Leute, ist im Moment eine der größten Herausforderungen in Europa.

Viele Bürger fühlen sich von der EU und ihren Institutionen nicht mehr repräsentiert. Muss die EU reformiert werden?

Wir müssen immer reformieren. Was wir ganz dringend in der nächsten Legislaturperiode brauchen, ist eine Demokratisierung der europäischen Wirtschafts- und Währungspolitik. Das ist wirklich wichtig, damit Ungerechtigkeiten, wie sie in dieser Krisenpolitik entstanden sind, in Parlamenten wie dem EU-Parlament korrigiert werden können.

Manche anderen globalen Player nehmen die EU anscheinend nicht mehr ganz ernst. Ein Beispiel dafür ist die Europabeauftragte der US-Regierung, Victoria Nuland, die mit dem Kommentar "Fuck the EU" Empörung ausgelöst hat. Was halten Sie davon?

Ehrlich gesagt halte ich Frau Nuland für beschränkt. Von ihr hätte ich in diesen Tagen erwartet, dass sie Vorstöße macht zu einem guten Rettungsangebot der EU und des Internationalen Währungsfonds an die Ukraine. Dieses sollte die Lücke schließen, die Putin lässt, weil Putin nicht mehr zahlt, wenn in Kiew eine ihm nicht genehme Regierung im Amt ist.

Wie schlagkräftig ist die EU außenpolitisch denn überhaupt noch?

Die EU hat so viele Außenpolitiken, wie sie Mitgliedsstaaten hat und ebenso viele Sicherheitspolitiken. Das muss sich ändern. Mir stehen die Haare zu Berge darüber, wie ein französischer Präsident ohne Parlamentsentscheidung seine Soldaten nach Mali schicken kann. Ich bin der Auffassung, dass die deutsche Parlamentsarmee viel mehr der Erfahrung entspricht, die auf dem europäischen Kontinent mit Kriegen gemacht wurde.

Was kann die EU tun, damit es in der Ukraine nicht zu einem Bürgerkrieg kommt?

Wir müssen mit unglaublicher Präsenz versuchen, die Gewalt, zu der die Regierung bereit ist, zurückzudrängen. Es muss immer weiter geredet werden. Daher finde ich es gut, dass die EU-Außenbeauftragte Ashton und EU-Kommissar Füle immer wieder in Kiew waren. Ich bin dafür, dass wir eine dauerhafte Observierungsmission des Europäischen Parlaments dort schaffen. Ich weiß, dass die Risse auch durch Janukowitschs "Partei der Regionen" verlaufen. Diese Leute müssen wir für einen demokratischen Neuanfang gewinnen.

Rebecca Harms ist 57 Jahre alt und seit 2004 Mitglied des Europaparlaments. Seit 2009 ist sie Fraktionsvorsitzende der europäischen Grünen. Am Samstag (08.02.2014) wurde sie erneut zur Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl gewählt.

Die Fragen stellte Nina Werkhäuser.