Hat Kai Havertz' DFB-Zukunft begonnen?
11. Oktober 2019Vorlagen hat er Serge Gnabry dieses Mal nicht gegeben. So wie Kai Havertz noch am Montag beim Testspiel in Dortmund gegen Argentinien (2:2) mit dem Münchner auf dem Stadionrasen harmonierte, so sehr brachte der Leverkusener seinen Nebenmann nun durcheinander.
Allerdings mussten die beiden diesmal kein Fußballspiel bestreiten, Gnabry und Havertz saßen bei der DFB-Pressekonferenz im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund auf der Bühne, und sollten vor dem EM-Qualifikationsspiel in Estland am Sonntag (Anstoß 20:45 Uhr MESZ, DW-Audio-Livetsream ab 20:30 Uhr) Rede und Antwort stehen.
Havertz, wohl auch beeinflusst vom Lachanfall seines zweiten Nebenmannes, Marco Reus, kicherte so intensiv, als sei es ihm das größte Vergnügen, Gnabry aus dem Konzept zu bringen. Es funktionierte: Der Bayern-Profi musste ebenfalls lachen, während die drei Nationalspieler gleichzeitig versuchten, trotzdem ernsthaft auf die Fragen von Kinder-Reportern zu antworten, die zu dieser besonderen Pressekonferenz eingeladen worden waren.
Havertz mit überzeugendem Auftritt
Die Stimmung war also gut bei den "jungen Wilden" im DFB-Team. Kein Wunder, schließlich hat Gnabry seit Wochen ohnehin einen Lauf, und Havertz nutzte die Chance seines ersten Startelfeinsatzes in der Nationalmannschaft gegen Argentinien mit einem Tor und einer Vorlage ebenfalls. Dass er ein Ausnahmetalent ist, hat der 20-Jährige in Bundesliga und Europapokal schon häufig unter Beweis gestellt. Allerdings hatte Löw bislang immer einen Weg gefunden, im Nationalteam Havertz nicht spielen zu lassen - zumindest nicht von Anfang an. Belastbare Gründe gab es dafür nie, vielmehr schien der Bundestrainer in Havertz' Fall immer aus dem Bauch heraus zu entscheiden.
Gegen Argentinien waren Löw allerdings so viele Spieler aus Gesundheitsgründen abhanden gekommen, dass er an Havertz kaum mehr vorbei kam. Für den Mittelfeldstrategen ein glücklicher Umstand, den er für sich - nicht allein aufgrund seines Treffers zum 2:0 - nutzen konnte. "Viele Spieler haben heute gezeigt, dass sie auf diesem Niveau spielen können", stellte Havertz nach der Partie verallgemeinernd fest. Allerdings schloss ihn diese Aussage ausdrücklich mit ein.
Dass Havertz die Zukunft des deutschen Fußballs ist, daran ließ auch Löw nie einen Zweifel. Womöglich hat diese nun bereits am späten Mittwochabend in Dortmund begonnen - auch wenn der Bundestrainer sie vielleicht gerne noch ein wenig herauszögern würde.
Havertz bestimmte das Tempo der deutschen Mannschaft mit klugen und präzisen Pässen sowie seiner Spielübersicht und war vor allem in der ersten Hälfte so überzeugend, dass die Argentinier fast in Ehrfurcht vor ihm erstarrten. Havertz betrieb beste Werbung in eigener Sache.
Gute Leistungen und Bescheidenheit
Der Werkskicker, dessen Vertrag in Leverkusen noch bis 2022 läuft, und der Angebote von Top-Klubs aus ganz Europa vorliegen haben dürfte, ist aber klug genug, seine Zurückhaltung beizubehalten.
Er wolle sich mit guten Leistungen in der Nationalelf und in Leverkusen weiter aufdrängen: "Der Rest kommt von alleine." Er würde dabei auch "nicht viele Ansprüche stellen", was seine Position betrifft: "Da ist es mir relativ egal, ob ich ein bisschen defensiver oder offensiver spiele", so Havertz. Allerdings: "Natürlich will jeder eine Stammplatzgarantie im DFB-Team haben."
Und bei dieser Aussage kicherte Kai Havertz nicht mehr - jetzt war er ganz ernst.