Heftige Proteste vor Präsidentenwahl im Senegal
19. Februar 2012"Wade dégage!" – "Wade, hau ab!" Das riefen die jungen Demonstranten in der senegalesischen Hauptstadt Dakar. Eine Woche ist es noch genau bis zur Präsidentschaftswahl in dem westafrikanischen Land. Seit Tagen gehen sie schon auf die Straße, um gegen den Präsidenten Abdoulaye Wade zu demonstrieren. Bei der Wahl am kommenden Sonntag, 26. Februar, tritt der 85-Jährige erneut an. Die Demonstranten fordern seinen Abgang.
Hunderte Menschen versammelten sich vor der Großen Moschee in Dakar und versuchten dann auch, auf den zentralen Platz der Unabhängigkeit zu gelangen, den die Sicherheitskräfte abgesperrt hatten. Seit Juli 2011 sind alle Demonstrationen im Geschäfts- und Regierungsviertel von Dakar veboten. Einige Demonstranten warfen mit Steinen auf die Polizei und setzten Reifen und Mülleimer in Brand. Diese wiederum setzte massiv Tränengas und Schlagstöcke ein, lieferte sich Gefechte mit den Jugendlichen. Zahlreiche Demonstanten wurden verletzt, berichteten senegalesische Medien.
Die Unruhen in Dakar weiteten sich auch auf die knapp 100 Kilometer entfernte Stadt Tivaouane aus, die Heimat der einflussreichen Moslembruderschaft der Tidianes. Nachdem Polizisten in Dakar Tränengas in eine Moschee der Tidiane-Bruderschaft gesprüht hatten und hunderte Gläubige während des Gebets fliehen mussten, zündeten Jugendliche das Bürgermeisteramt und weitere staatliche Gebäude an.
Gegner werden weggesperrt
Einer der oppositionellen Präsidentschaftskandidaten, der Bürgermeister von Saint-Louis, Cheikh Bamba Dièye, wurde vorübergehend festgenommen. Auch der weltbekannte Sänger Youssou N'Dour, dessen Kandidatur aus formalen Gründen nicht angenommen worden war, beteiligte sich an den Protesten und wurde ebenfalls von der Polizei angegriffen.
Zu den Demonstrationen gegen Wade hatten Oppositionskandidaten, das Oppositionsbündnis M23 sowie die Jugendbewegung '"Y'en a marre!" ("Es reicht!") aufgerufen. Die Opposition wirft dem 85-Jährigen Verfassungsbruch vor, weil er für eine dritte Amtszeit kandidiert. Im Januar hatte das Oberste Gericht entschieden, dass Wade trotz einer 2000 eingeführten Beschränkung auf zwei Amtszeiten ein drittes Mal antreten darf. Er regiert bereits seit dem Jahr 2000.
Kritiker werfen Wade vor, im Amt bleiben zu wollen, um seinen Sohn Karim zum Nachfolger aufzubauen. In den vergangenen Wochen war auch der internationale Druck auf Wade gewachsen, auf die Kandidatur zu verzichten. Der Senegal gilt als stabiler, demokratischer Staat. Als einzige westafrikanische Nation ist das Land seit der Unabhängigkeit 1960 von einem Militärputsch verschont geblieben.
nm/ml (afp, epd, dapd)