Hergé - Comiczeichner, Maler und Kunstsammler
Eine Retrospektive im Grand Palais zeigt vom 28. September bis 15. Januar 2017 die ganze Bandbreite des belgischen Künstlers Hergé. Mit insgesamt 450 Ausstellungsstücken von Zeichnungen, über Bilder bis Werbeplakate.
Vater der "Neunten Kunst"
Brüssel gilt als die Hauptstadt des Comics. Zu verdanken ist das der Pionierarbeit von Georges Rémi, besser bekannt als Hergé. Das Pariser Grand Palais zeigt nun eine große Retrospektive über den Erfinder des berühmten Comics "Tim und Struppi".
"Tim und Struppi" - ein weltweiter Renner
Für die Erfindung des beliebten Comics "Tim und Struppi" ist Hergé wohl am besten bekannt. Insgesamt 24 Abenteuer schuf er um den Reporter Tim und erlangte mit den Geschichten große Beliebtheit in allen Altersgruppen. Und das weltweit: In 110 Sprachen und Dialekte wurden die Comics übersetzt und mehr als 250 Millionen Bücher verkauft.
Von Georges Rémi zu Hergé
1924 begann Georges Prosper Rémi seine Illustrationen mit Hergé zu signieren, der phonetischen Transkription seiner Initialen "RG". Vier Jahre später wurde Hergé Herausgeber der Zeitung "Petit Vingtième", einer Beilage der belgischen katholischen Zeitung "Vingtième Siècle". In dieser erschienen die Abenteuer von "Tim und Struppi" zuerst, nämlich als wöchentliche Fortsetzungsreihe.
Die erste Ausgabe: "Tim im Lande der Sowjets"
Das erste Comicalbum von "Tim und Struppi" nannte sich "Tim im Lande der Sowjets" und erschien von 1929 bis 1930 als wöchentliche Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift "Le Petit Vingtième". Die Handlung: Kommunismuskritik. Denn während Tim Nachforschungen zu Stalins bolschewistischer Regierung anstellt, ist ihm die Geheimpolizei auf den Fersen.
Thema Kolonialismus: "Tim im Kongo"
Das zweite Abenteuer um Tim und Struppi führt Reporter Tim in den belgischen Kongo. Wie auch im Falle aller anderen frühen Arbeiten - ausgenommen "Tim im Lande der Sowjets" - erstellte Hergé im Nachhinein neue, kolorierte Zeichnungen für die Publikationen als Buch bei Casterman. Später wurde diese Ausgabe für ihre rassistischen kolonialen Ansichten allerdings kritisiert und daher überarbeitet.
Ein einflussreicher chinesischer Freund
Während seiner Studienzeit in Brüssel traf Hergé den chinesischen Künstler Zhang Chongren. Dieser half ihm, dessen asiatische Heimat in "Der Blaue Lotus" zu beschreiben. Zu sehen ist das Cover des "Petit Vingtième", in dem die Geschichte 1934 erstmals erschien. Dank seines chinesischen Freundes ging Hergé von nun an sensibler an andere Kulturen heran.
Selbsterfundene Mondlandung
Hergé steckte viel Zeit in die Erforschung der Raumfahrt, um sie in seinen Comics "Reiseziel Mond" und "Schritte auf dem Mond" so realistisch wie möglich darzustellen. Erschienen ist "Reiseziel Mond" 1953 - vier Jahre vor dem Start von Sputnik 1 und 16 Jahre vor der Mondlandung durch Neil Armstrong. Die Ausstellung im Grand Palais zeigt sogar ein Raketenmodell, das der Visionär Hergé schuf.
Karriereschatten
1940 - das Jahr, in dem die Nazis in Belgien einfallen: Die Zeitung, in der Hergé bis dato publizierte, wird aufgelöst. Der Künstler wechselt zur Zeitung "Le Soir", doch die wird von den Besatzern kontrolliert. Zwar kollaborierte Hergé nicht aktiv, doch zeigt ein Interview in der Ausstellung, wie sehr dessen passive Haltung seine "Karriere beschmutzte", so Kurator Jérôme Neutres.
Ein Liebhaber der Modernen Kunst
Die Ausstellung im Grand Palais beleuchtet Hergé von einer unbekannten Seite.Er war dieser nicht nicht nur Schöpfer von "Tim und Struppi", sondern auch Grafikdesigner und Maler (siehe Foto). Allerdings fühlt er sich nicht genug anerkannt, weil selbst seine Freunde ihm rieten: "Bleib bei deinen Comics." Damit habe er definitiv mehr Erfolg.
Ein Warhol für Hergé
1979 beauftragte Hergé den Pop Art-Künstler Andy Warhol - selbst ein Bewunderer seines Auftraggebers - mit einer Porträtserie. Zu sehen ist sie nun im Grand Palais. Im gleichen Jahr feierten "Tim und Struppi" außerdem ihren 50. Geburtstag, wobei man ihnen das Alter nicht wirklich ansieht.
Eine produktive Karriere
Die Pariser Ausstellung zeigt Hergé auch als Grafikdesigner: In den 1930er Jahren schuf er Werbeplakate wie für das belgische Seebad Knocke. Einmal mehr zeugen sie von seiner vielfältigen Produktivität, die sich über unterschiedliche Kunstbereiche erstreckte. So war Hergé auch Erfinder der Figuren "Stups und Steppke" oder "Jo, Jette und Jocko". 1983 starb Hergé im Alter von 75 Jahren.