Viele Themen debattiert
27. Januar 2008Am 27. Januar wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Das mit über sechs Millionen Einwohnern viertgrößte Bundesland hinter Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachen liegt im Zentrum Deutschlands. Der Sitz der Landesregierung ist Wiesbaden.
Von der Ausdehnung etwa halb so groß wie die Schweiz hat Hessen durch seine Wirtschaftskraft, die vor allem im Rhein-Main-Gebiet im Süden des Landes konzentriert ist, überregionale Bedeutung. Mit seinem Bankenzentrum und dem Sitz der Europäischen Zentralbank ist Frankfurt nicht nur die größte Stadt Hessens, sondern auch eine multi-kulturelle Metropole, die, verkehrsgünstig im Herzen Europas gelegen, vom Rhein-Main-Flughafen bedient wird.
Frankfurter Flughafen soll ausgebaut werden
Dieser nach London Heathrow zweitgrößte Flughafen Europas ist mit seinen 70.000 Arbeitplätzen auch der größte Arbeitgeber in der Region. Sein Ausbau und die damit verbundene Lockerung des Nachtflugverbotes war eines der Wahlkampfthemen. Die in Hessen bislang allein regierende CDU unter Ministerpräsident Roland Koch und der potenzielle Koalitionspartner FDP sind vorbehaltlos für den inzwischen beschlossenen Ausbau des Flughafens und eine Lockerung des Nachtflugverbots, während die Grünen und die SPD das Nachtflugverbot fest verankert sehen möchten.
Das wahlkampfbeherrschende Thema war jedoch die Kriminalität von jugendlichen Ausländern, das der CDU-Ministerpräsident Roland Koch in die Debatte warf. Er sagt: "Von den Delikten mit körperlicher Gewalt gehen die Hälfte von jungen Menschen unter 21 Jahren aus. Von diesen Delikten werden die Hälfte von jungen Menschen mit Migrationshintergrund begangen."
Debatte um Ausländerkriminalität im Fokus
Koch entfachte damit eine Diskussion in ganz Deutschland, deren Ende noch nicht absehbar ist. Die Opposition im Wiesbadener Landtag, gegenwärtig bestehend aus FDP, SPD und den Grünen, warf Koch wegen seiner harten Gangart in Sachen Ausländerkriminalität Populismus und Diskriminierung vor. Schon einmal vor acht Jahren hatte Koch mit seiner Kampagne gegen eine doppelte Staatsbürgerschaft für Migranten eine Landtagswahl gewonnen.
Ypsilanti fordert durchlässiges Bildungssystem
Ein schon beinahe klassisches Wahlkampfthema in Hessen ist die Schulpolitik, die in Deutschland allein Sache der Bundesländer ist. Hier fordert die Spitzenkandidatin der SPD, Andrea Ypsilanti, einen Ausbau der Gesamtschule als Regelschule. Der Grund: Das in Deutschland weitverbreitete dreigliedrige Schulsystem verteile die Schulkinder viel zu früh in die unterschiedlichen Schulformen, so die Kritik der SPD-Politikerin:
"Wir haben jetzt das Problem, dass in der vierten Klasse entschieden wird, in welche Schulform ein Kind geht, und dann ist es da auch fest drin. Aber wer kann denn schon ein Kind mit 10 Jahren beurteilen, ob es sich nicht später noch mal sehr gut entwickelt und vielleicht doch Abitur machen kann?"
Linke will Fünf-Prozent-Hürde überspringen
Zum ersten Mal darf sich neben CDU, SPD, FDP und den Grünen auch eine fünfte Partei in Hessen begründete Hoffnung auf einen Einzug in den Landtag machen. Die Linke – ein Bündnis linker westdeutscher Initiativen mit der vor allem im Osten Deutschlands starken PDS - könnte den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.
Das würde die Regierungsbildung in Hessen erschweren und dürfte die Chancen der Linkspartei verbessern, sich in weiteren west-deutschen Bundesländern zu etablieren. Hessen war übrigens auch das erste Bundesland, in dem die SPD 1984 unter dem Ministerpräsidenten Holger Börner eine Koalition mit den Grünen einging.