Erstes Urteil durch Sicherheitsgesetz
27. Juli 2021Die Richter legten in dem wegweisenden Prozess dem ehemaligen Kellner Tong Ying Kit Terrorismus und Anstiftung zur Abspaltung der ehemaligen britischen Kolonie von China zur Last. Am Donnerstag will der Oberste Gerichtshof strafmildernde Argumente anhören, zu einem späteren Zeitpunkt soll das Strafmaß verkündet werden. Der 24-Jährige hatte sich in allen Punkten für unschuldig erklärt.
Tong war vorgeworfen worden, am 1. Juli 2020 mit seinem Motorrad und einem Banner mit dem Slogan "Befreit Hongkong, Revolution unserer Zeit" auf drei Bereitschaftspolizisten zugefahren zu sein. Richterin Esther Toh begründete den Schuldspruch unter anderem damit, das Motto sei geeignet, andere Menschen zur Sezession anzustiften. Tong habe der Gesellschaft großen Schaden zugefügt. Toh und die beiden weiteren Richter waren von Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam für Fälle mit Bezug zur nationalen Sicherheit eingesetzt worden.
Der Slogan auf Tongs Banner war während der Massenproteste 2019 gegen die wachsende Einflussnahme der chinesischen Regierung in Hongkong allgegenwärtig. Er wurde in den Straßen skandiert, im Internet verbreitet, an Wände gesprüht und als Aufdruck oder als Sticker getragen.
Verteidigung: Slogan ist mehrdeutig
Die Verteidigung sprach hingegen von einem Unfall und argumentierte, der Slogan auf der Fahne sei mehrdeutig. Das Urteil gibt Aufschluss darüber, wie die Justiz das weitreichende Sicherheitsgesetz anwenden dürfte. Mehr als 100 Menschen sind unter Berufung auf das Gesetz schon festgenommen worden. Peking hatte das Gesetz nach anhaltenden Protesten in der chinesischen Sonderverwaltungsregion und Rufen nach mehr Demokratie im letzten Jahr erlassen.
Seither dient es den Behörden dazu, zunehmend gegen die Demokratiebewegung vorzugehen und gilt als massivster Einschnitt in die Autonomie der ehemaligen britischen Kronkolonie. Diese war ihr bei der Übergabe an China 1997 nach dem Prinzip "Ein Land - zwei Systeme" für mindestens 50 Jahre zugesagt worden.
Die Menschenrechtsgruppe Amnesty International kritisierte das Gesetz als Mittel, um "Zensur, Schikanen, Verhaftungen und Verfolgungen zu rechtfertigen, die die Menschenrechte verletzen".
bri/ehl (rtr, dpa)