Hongkonger Proteste aus Sicht der Parteipresse
24. Juli 2019Zu Beginn der jüngsten Protestwelle in Hongkong haben die staatlich gesteuerten Medien des Festlands kaum darüber berichtet. Mittlerweile findet das Thema auch dort Beachtung, allerdings mit anderem Fokus als in der westlichen Presse. Die dort geschilderten brutalen Angriffe von Schlägertrupps aus dem Unterweltmilieu auf Demonstranten, ohne dass die Polizei eingegriffen hätte, wird in den Parteimedien nicht erwähnt. Statt dessen wird einigen Gegendemonstrationen breiter Raum gegeben, ebenso wie den Übergriffen von Seiten der pro-demokratischen Protestler. Die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong - die viele Kritiker seit längerem durch Pekings Einmischung bedroht sehen - wird aus dieser Sicht ausschließlich durch die pekingkritischen Demonstranten bedroht.
"Hongkong ins Chaos gestürzt"
"Die Autorität der Zentralregierung darf nicht in Frage gestellt werden", titelte die "Volkszeitung", das Sprachrohr der Kommunistischen Partei, am Montag. In dem Kommentar heißt es weiter: "In den vergangenen Tagen wurde Hongkong durch eine Reihe von Gewalttaten ins Chaos gestürzt. Im Namen der Gegner des neuen Auslieferungsgesetzes stürmten radikale Extremisten das Parlamentsgebäude, zerstörten öffentliche Einrichtungen, verprügelten Polizisten und bauten Sprengsätze. Dadurch wurde die öffentliche Ordnung in Hongkong massiv beeinträchtigt und die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten. Der jüngste Angriff auf das Verbindungsbüro der Zentralregierung hat die Grenze des friedlichen Demonstrierens endgültig überschritten und die Gewalt eskalieren lassen."
"Keine Ausrede mehr für Gewalt!", fordert der Kommentator. "Die Bürger in Hongkong müssen das wahre Gesicht und die Gewalttätigkeit der wenigen Radikalen erkennen und das Prinzip 'ein Land, zwei Systeme', Recht und Ordnung in Hongkong entschlossen verteidigen, um die Heimat von sieben Millionen Menschen zu schützen."
"Polizei handelt strikt nach dem Gesetz"
Am selben Tag kommentiert auch die nationalistisch ausgerichtete "Global Times" die jüngsten Ereignisse in Hongkong, mit dem Fokus auf der schwierigen Lage der Polizei: "Im vergangenen Monat, bei jeder Auseinandersetzung, zeigte die Öffentlichkeit in Hongkong mehr Toleranz gegenüber den Gewalttätern als gegenüber der Polizei. Die Kräfte der extremen Opposition kontrollieren nicht besonders viele Plattformen der öffentlichen Meinung in Hongkong. Aber ihre Stimmen werden von den westlichen Medien unterstützt. Im Verein mit den sozialen Medien entsteht so ein große Druck auf die Polizei in Hongkong."
Weiter schreibt die "Global Times": "Die Gesellschaft in Hongkong muss sich darum bemühen, die Autorität der Polizei wieder herzustellen und damit aufhören, die Vollstreckung der Gesetze aus politischen Gründen einzuschränken oder in die Arbeit der Polizei einzugreifen. Für die Polizei gilt stets nur das Gesetz, und nicht die politische Korrektheit."
"Kollektive Vernunft der bunten Hongkonger Gesellschaft"
Die chinesischsprachige Überseeausgabe der "Volkszeitung" macht auf eine Kundgebung am vergangenen Samstag aufmerksam, die sich als Gegendemonstration zu den pro-demokratischen Aktivisten verstand. Angeblich waren Hunderttausende beteiligt. Das Motto der Veranstaltung lautete: Für Recht und Ordnung, gegen Gewalt. "Die Rechtsstaatlichkeit ist der zentrale Wert der Gesellschaft von Hongkong", schreibt der Kommentator. "Wenn die Gewalt weiter andauert, sind Wohlstand und Stabilität Hongkongs in großer Gefahr."
Für den Kommentator der "Global Times" war die Kundgebung am Samstag der Beweis dafür, dass "die schweigende Mehrheit von Hongkong nicht immer schweigt". Die Teilnehmer der Kundgebung kämen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Altersgruppen. "Sie zeigten gemeinsam die kollektive Vernunft dieser bunten Gesellschaft. Sie erkennt, dass es Probleme in Hongkong gibt, die sich nicht durch politische Kampagnen auf der Straße lösen lassen. Ohne Rechtsstaatlichkeit wird diese Stadt in ein Chaos stürzen, das man nur aus Entwicklungsländern kennt, und sie wird die Fähigkeit verlieren, sich weiter zu entwickeln."
"Chaos wie in Libyen"
Bereits vor einer Woche, als es am 14. Juli zu gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und der Polizei kam, kritisierte die "Global Times" den "Angriff auf die Polizei". Die Bilder von einem wütenden Mob aus einem Einkaufszentrum "hätte man nicht in Hongkong vermutet, sondern eher in Ländern wie Libyen, Syrien oder Haiti. Polizisten wurden im Netz an die Pranger gestellt, Medien erhielten Drohungen. Das alles hat mit den demokratischen und pluralistischen Werten nichts mehr zu tun."
Bereits zuvor hatte die "Global Times" die angeblich autonome Entscheidungsgewalt der Hongkonger Regierung herausgestellt und das Ausland zu mehr "Respekt" aufgefordert: Die Tatsache, dass die umstrittene Novellierung des Gesetzes über Auslieferungen nun "vom Tisch" sei, "zeigt vorbildlich, dass das Prinzip 'ein Land, zwei Systeme' tatsächlich funktioniert, und dass die Autonomie in Hongkong keine Farce ist, sondern Wirklichkeit."
"Ausland soll Respekt zeigen"
Weiter schreibt die Zeitung: "Die Hongkonger Regierung hat die Novellierung des Gesetzes auf den Weg gebracht. Und sie hat auch die Entscheidung getroffen, dieses Vorhaben zu stoppen. Hier geht es um innere Angelegenheiten Hongkongs, in die Peking sich nicht eingemischt hat. Dies zeigt den Respekt Pekings vor dem Grundgesetz von Hongkong. Washington und London, als Außenstehende, sollten dieses Gesetz ebenfalls respektieren, ebenso wie das Recht der Hongkonger, ihre Stadt selbst zu verwalten, wie auch Zuständigkeiten der Zentralregierung in Bezug auf Hongkong."