Hongkongs "extrem gefährliche Situation"
5. August 2019Mit einem Generalstreik haben die Proteste gegen Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam zu Wochenbeginn einen neuen Höhepunkt erreicht. Busse und Bahnen fuhren in der chinesischen Wirtschaftsmetropole nicht, Demonstranten blockierten Gleise, Bahnhöfe und Straßen. Es bildeten sich lange Staus, Pendler kamen nicht zur Arbeit. Am Flughafen von Hongkong wurden etwa 200 Flüge gestrichen.
Die Polizei ging den dritten Tag in Folge mit Tränengas gegen regierungskritische Demonstranten vor. Dutzende Menschen wurden festgenommen - so viele wie an keinem anderen Tag seit Ausbruch der Proteste am 9. Juni.
Eine "Herausforderung"
Lam wandte sich zum ersten Mal seit zwei Wochen an die Öffentlichkeit und warnte, die Proteste würden eine "extrem gefährliche Situation" heraufbeschwören. Die Demonstranten wollten eine Revolution, erklärte die von Peking unterstützte Regierungschefin mit versteinertem Gesicht. Wohlstand und Stabilität stünden auf dem Spiel. Ihre Regierung werde entschlossen Recht und Ordnung durchsetzen, betonte Lam.
Aktionen der Demonstranten, die in den vergangenen Tagen und Wochen etwa das Verbindungsbüro Chinas in Hongkong mit Eiern und Farbe beworfen und eine chinesische Nationalflagge im Hafen versenkt hatten, bezeichnete sie als "Herausforderung" für das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme". Das seit der Rückgabe Hongkongs an China vor 22 Jahren geltende Prinzip besagt, dass die frühere britische Kronkolonie als chinesische Sonderverwaltungszone autonom regiert wird. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Hongkonger das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.
Entzündet hatten sich die Proteste an einer umstrittenen Reform zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China. Ein entsprechendes Gesetz wurde von Lam zwar bereits für "tot" erklärt, die Demonstrationen haben sich aber zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei entwickelt. Viele Menschen befürchten zudem zunehmenden Einfluss Pekings und verlangen demokratische Reformen.
Appell aus Berlin
Das Auswärtige Amt forderte Besucher Hongkongs zur Vorsicht auf. Demonstrationen und Menschenansammlungen in der chinesischen Sonderverwaltungszone sollten "weiträumig" gemieden werden.
wa/sti (rtr, dpa)