Hungersnot bedroht Niger
21. Juli 2005Angesichts der akuten humanitären Krise in Niger bat Jan Egeland am Mittwoch in New York die Geberländer um Hilfszahlungen in Millionenhöhe. In dem westafrikanischen Staat litten 2,5 Millionen Menschen unter Hunger, erklärte Egeland. Das entspricht fast einem Viertel der gesamten Bevölkerung. Rund 800.000 Kinder seien unterernährt. 150.000 von ihnen drohe der Hungertod, wenn sie nicht bald behandelt würden. Die Welt hätte dies verhindern können, aber nicht eingegriffen, kritisierte der stellvertretende UN-Generalsekretär für humanitäre Fragen.
Nigerische Regierung trägt Mitschuld
Das westafrikanische Land sei ein Musterbeispiel dafür, wie frühzeitige Warnungen vor einer Katastrophe unbeachtet blieben, sagte Egeland. Er betonte aber auch, dass die Regierung in Niamey eine Mitschuld trage, weil sie das Ausmaß der Katastrophe heruntergespielt habe. Zudem hätten die Behörden zunächst kostenlose Lebensmittellieferungen abgelehnt.
Dürre und Heuschreckenplage
Niger gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Die derzeitige Dürre und eine Heuschreckenplage im vergangenen Jahr verursachten die Hungerkatastrophe. In einem Rennen gegen die Zeit müsse die UNO nun 200.000 Kubikmeter Nahrung nach Niger schicken, sagte Egeland. Im Mai hätten das Welternährungsprogramm (WFP) und die nigrische Regierung um 16 Millionen Dollar Hilfszahlungen gebeten, aber es seien nahezu keine Zahlungen eingegangen. Jetzt seien 30 Millionen Dollar notwendig. Die EU-Kommission, mehrere europäische und arabische Staaten, einige Nachbarländer Nigers und die USA hätten inzwischen Hilfe zugesagt.
Im Vergleich wenig Geld
Die verzögerte Reaktion der Geberländer habe die Kosten in die Höhe getrieben sagten Angehörige von Hilfsorganisationen. So könne man mit einem US-Dollar pro Tag verhindern, dass ein Kind an Unterernährung zu leiden beginne. Um ein Kind, das bereits unterernährt sei, zu retten, müsse man dagegen mit 80 US-Dollar am Tag rechnen, sagte Egeland. Die Vereinten Nationen hätten bisher ein Drittel der geforderten 30 Millionen US-Dollar erhalten, sagte der UN-Nothilfekoordinator.
Im Interview mit der BBC sagte Egeland, die 30 Millionen US-Dollar seien "nichts" im Vergleich mit anderen Ausgaben: "Die Europäer essen jedes Jahr für 10 Milliarden US-Dollar Eis und die Amerikaner geben jährlich 35 Milliarden für ihre Haustiere aus.
Egeland sagte, dass erst in den vergangenen Wochen, nachdem die ersten Bilder von hungernden Kindern um die Welt gingen, die internationalen Hilfszusagen gestiegen seien. Für viele käme die Hilfe aber zu spät. Egeland appellierte an die internationale Gemeinschaft, langfristige Projekte zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität zu unterstützen. Nur so könne Niger künftig selbstständig Hungerkrisen verhindern. (ch)