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Kleine Pflegereform

20. Oktober 2011

Die große Pflegereform lässt in Deutschland weiter auf sich warten. Aber ein Reförmchen will der Bundestag an diesem Donnerstag verabschieden. Berufstätige, die zuhause einen Verwandten pflegen, werden dankbar sein.

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Plenarsaal des Bundestages während einer Debatte (Foto: AP)
Bild: AP

Die Deutschen leben immer länger, sie haben seit Jahrzehnten immer weniger Kinder, der Anteil der Alten an der Gesamtbevölkerung wächst. Und damit auch der Anteil der Pflegebedürftigen. Die Politik hat dem schon in den neunziger Jahren, unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und seinem Sozialminister Norbert Blüm, mit der Einführung der Pflegeversicherung Rechnung getragen. Doch diese Versicherung hat zum einen Lücken, vor allem bei der Versorgung Demenzkranker. Zum anderen ist ihre Finanzierung angesichts wachsender Aufgaben in der Zukunft unsicher.

Als CDU, CSU und FDP vor zwei Jahren eine gemeinsame Bundesregierung bildeten, beschlossen sie, diese Probleme mit einer großen Pflegereform zu lösen. Doch die ursprüngliche Absicht, alle Arbeitnehmer in einen Kapitalstock einzahlen zu lassen und so eine zweite Säule zur Finanzierung der Pflegeversicherung aufzubauen, wird angesichts der Erfahrungen mit der Finanzkrise nicht mehr von allen mitgetragen. Nach mehrfacher Verschiebung wird nun erwartet, dass Gesundheitsminister Daniel Bahr im Januar 2012 die Eckpunkte der großen Pflegereform vorlegt.

Erst mal eine kleine Pflegereform

Daniel Bahr spricht (Foto: dapd)
Kann bald einen Erfolg verkünden: Daniel Bahr, Bundesminister für GesundheitBild: AP

Über einen Teil der Reformpläne ist man sich aber jetzt schon einig. Die Koalitionsfraktionen im Bundestag wollen deshalb an diesem Donnerstag (20.10.2011) diese kleine Pflegereform verabschieden. Es geht dabei um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Viele Berufstätige haben pflegebedürftige Eltern oder auch andere Angehörige zu versorgen und brechen unter der Last fast zusammen. Oft bleibt nur noch, die Familienmitglieder schweren Herzens in ein Pflegeheim zu geben. Mit dem neuen Gesetz soll solchen Berufstätigen nun Hilfe angeboten werden.

Dazu soll eine sogenannte Familienpflegezeit staatlich gefördert werden. Zwei Jahre lang kann ein Berufstätiger damit seine Arbeitszeit reduzieren, von den üblichen rund 40 Stunden pro Woche bis hinunter auf 15 Stunden. Dabei muss er aber nicht auf den entsprechenden Anteil seines Einkommens verzichten, sondern nur auf die Hälfte davon. Sein Arbeitgeber erhält für die entsprechenden Mehrausgaben, für die keine Arbeitsleistung erbracht wird, ein zinsloses Darlehen vom Bund. Später, wenn der Arbeitnehmer wieder voll arbeitet, wird diese Mehrzahlung wieder von seinem Lohn abgezogen und das Darlehen zurückgezahlt. Für den Fall, dass der Arbeitsnehmer vorher aus dem Betrieb ausscheidet oder stirbt, gibt es eine Versicherung.

Finanziell kein großes Ding

Die Bundesregierung erwartet für diese Absicherung sowie für die Bereitstellung zinsloser Darlehen Mehrausgaben in Höhe weniger Millionen Euro pro Jahr. Andererseits erwartet sie, dass manch einer, der sonst seine Stelle aufgegeben hätte, um Angehörige zu pflegen, unter dieser Regelung mit reduzierter Stundenzahl weiterarbeitet. Dies bringe wieder Einnahmen für die Staatskasse und die Sozialversicherungen, die sonst verlorengingen. Im Gegensatz zur umstrittenen großen Steuerreform macht dieses Reförmchen also kaum finanzielle Probleme. Darum war man sich darüber auch schnell einig. Zum Glück für Arbeitnehmer, denen die Pflege von Angehörigen künftig leichter fallen wird.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Manfred Böhm