I-Dötzchen mit 50: Lebenstraum Schulbildung
Shade Ajayi hatte noch nie einen Fuß in ein Klassenzimmer gesetzt. Die heute 50 Jahre alte Geschäftsfrau aus Nigeria lernt nun lesen und schreiben, zusammen mit Schülerinnen, die fast vier Jahrzehnte jünger sind als sie.
In der ersten Reihe
Für Shade Ajayi ist es ein großer Augenblick. Mit 50 Jahren drückt die Nigerianerin mit ihren 11-13-jährigen Mitschülerinnen zum ersten Mal die Schulbank. Ajayi kommt aus Ilorin, der Hauptstadt des westlichen Bundesstaats Kwara. Eigentlich sollte sie schon im vergangenen Jahr in der Schule starten, doch die Corona-Pandemie hat den Schulstart verzögert.
Erst Ladeninhaberin, dann Schülerin
Als Kind arbeitete Shade Ajayi im Geschäft ihrer Tante anstatt die Schule zu besuchen. Längst hat die 50-Jährige ihren eigenen Laden, wo sie Portemonnaies und Taschen fertigt und verkauft. Durch ihre Alphabetisierung hofft sie nun auf mehr Freiheit, Selbstständigkeit und eine bessere Zukunft.
Vorbereitung für den nächsten Schultag
Während Ajayi die Schulbank drückt, kümmert sich eine Auszubildende um die Kunden im Geschäft. Nach dem Schulschluss um 16 Uhr arbeitet Ajayi an neuen Taschen und Geldbörsen oder bereitet sich auf den nächsten Schultag vor. In vier Jahren will sie mit der Schule fertig sein. "Ich schäme mich nicht, dass ich eine Uniform trage", sagt die Schülerin.
Rein und raus aus der Schule
In Nigeria herrscht eine Schulpflicht vom 6. bis zum 15. Lebensjahr. Mehr als 90 Prozent der Sechsjährigen werden mittlerweile eingeschult - doch insgesamt besucht nur gut die Hälfte aller Kinder im Schulalter auch eine Schule. Dass sich Menschen noch im Erwachsenenalter entscheiden, lesen und schreiben zu lernen, ist keine Seltenheit. Gut ein Drittel der Bevölkerung gilt als Analphabeten.
Nachhilfe für die Musterschülerin
Für Shade Ajayi ist der Start ins Schuljahr genauso aufregend wie für die anderen Mitglieder der Klasse. Doch mit 50 Jahren lesen und schreiben zu lernen, ist deutlich schwieriger als im Kindesalter. Shade Ajayi erhält dafür große Unterstützung aus dem Kollegium.
Each one, teach one
Die 50-Jährige ist nicht das einzige Mitglied der Familie, das gerade ins Schulleben gestartet ist. Auch ihre sechs Jahre alte Enkelin Deborah Adeboye besucht die Grundschule. Zuhause unterstützt die Großmutter ihre Enkelin mit all ihren Kräften bei den Schulaufgaben.
Reise rückwärts in die Kindheit
Im Schulalltag erinnert sich die 50-jährige nigerianische Schülerin sicherlich häufig an ihre Kindheit. Zwar sind das Schulgebäude, der Schulhof und der Schulalltag ganz auf die Bedürfnisse von Kindern ausgerichtet, doch die 50-Jährige fühlt sich trotzdem gut von ihrer neuen Klasse aufgenommen .
Zuschauen und durchatmen
Während ihre Mitschüler sich in den Pausen auf dem Schulhof auspowern, nutzt Shade Ajayi die Zeit zum Durchatmen. Vielleicht passt sie auch ein wenig auf, dass die Mitschüler keine Dummheiten machen. Als Großmutter muss sie das Aufpassen jedenfalls nicht mehr lernen.
Aufstieg durch Bildung
Shade Ajayi stammt aus Ilorin im Westen Nigerias - sie wohnt in einem ärmeren Viertel der Millionenmetropole. Landesweit bekannt ist die Stadt als Zentrum islamischer Bildung in Nigera. Hier gründete die Ansaru 'l-Islam Society 1947 eine Schule, die westliche und islamische Bildung miteinander kombiniert. Seit mehr als 50 Jahren gibt es dort auch ein Zweiginstitut der al-Azhar-Universität.