Identität Tausender Asylbewerber ungeklärt
4. Juli 2017Mehrere tausend Flüchtlinge - vornehmlich aus Syrien, Irak und Eritrea - sind nach ihrer Ankunft in Deutschland weder persönlich angehört noch erkennungsdienstlich behandelt worden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigte in Berlin, dass derzeit in einer "mittleren vierstelligen Zahl von Fällen" nachträglich Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht würden. Die Nachregistrierung soll bis Mitte Juli abgeschlossen sein.
Kein persönliches Gespräch
Nach Informationen der "Nürnberger Nachrichten" und des ZDF-Magazins "Frontal 21" war die Identität von mindestens 3638 Syrern und Irakern ungeklärt, über deren Anträge im schriftlichen Verfahren entschieden wurde. Ihre Fingerabdrücke würden nun nachträglich mit der Datenbank des Bundeskriminalamts abgeglichen - viele Monate nach ihrer Anerkennung in Deutschland. Die Gruppe gilt als "Risikogruppe", weil die Geflüchteten nicht persönlich von BAMF-Mitarbeitern angehört wurden, sondern nur einen Fragebogen ausfüllen mussten.
Im November 2014 hatte das BAMF das "beschleunigte Verfahren" für syrische Asylsuchende eingeführt, das später auch auf Antragsteller aus Eritrea und religiöse Minderheiten aus dem Irak ausgeweitet wurde. Die Bundesbehörde reagierte damit laut eigener Aussage auf den "starken Anstieg der Zuzugszahlen und der einheitlich zu bewertenden Lage der genannten Personengruppen". Im Rahmen des Fragebogenverfahrens habe nur der Flüchtlingsschutz und keine Asylberechtigung vergeben werden können.
Die meisten Flüchtlinge, die 2016 und im laufenden Jahr in Deutschland Asyl suchten, sind nach Behördenangaben jünger als 40 Jahre. Die größte Gruppe machen Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren aus. Über das Mittelmeer nach Europa flohen 2017 laut einer Bilanz der Internationalen Organisation für Migration bisher mehr als 100.000 Migranten. Der Großteil der Menschen kam an italienischen Küsten an.
Doch noch viele nicht erfasst
Bereits Anfang Juni hatte das BAMF eingeräumt, dass - entgegen früheren Angaben - doch noch nicht alle Flüchtlinge in Deutschland registriert wurden. Damals sagte eine Sprecherin, es handele es sich um eine "vierstellige" Zahl von Asylbewerbern. Die Länder hätten ihrer Behörde im vergangenen Jahr gemeldet, alle Asylsuchenden seien erfasst worden. Doch inzwischen habe es "nachträgliche Meldungen" gegeben.
Im Zusammenhang mit der Affäre um den rechtsextremen Bundeswehroffizier Franco A. waren schwerwiegende Mängel bei Asylentscheidungen des BAMF bekannt geworden. Der Ende April festgenommene Oberleutnant hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben und nach einer Anhörung auch einen Schutzstatus erhalten. Mit der fiktiven Identität wollte A. wohl nach einem Anschlag den Verdacht auf Flüchtlinge lenken.
se/uh (dpa, afp)