Im Norden Malis Scharia ausgerufen
3. April 2012Vor allem Frankreich, die ehemalige Kolonialmacht in Westafrika, schlägt Alarm. Ein Teil der Rebellen im Norden Malis habe möglicherweise vor, "das gesamte Staatsgebiet zu erobern, um daraus eine islamistische Republik zu machen", warnte Außenminister Alain Juppé in Paris. Notwendig sei eine gemeinsame Antwort in der gesamten Region auf die "islamistische Bedrohung", die "von Libyen bis Nigeria" reiche. Die französische Regierung wolle die internationale Gemeinschaft gegen die Gefahr in der westafrikanischen Sahel-Zone und gegen die Al-Kaida-Ableger im nordafrikanischen Maghreb mobilisieren, sagte Juppé.
Gemeinsame Front mit Tuareg verlassen
Anderthalb Wochen nach dem Militärputsch hatte sich die Lage in Mali weiter zugespitzt. Eine Islamistengruppe, die dort inzwischen zahlreiche Regionen kontrolliert, kündigte an, in ihrem Einflussgebiet das islamische Scharia-Recht einzuführen. In einigen strategisch wichtigen Städten, darunter auch die historische Handelsstadt Timbuktu, sei die Scharia bereits verhängt worden, erklärten Rebellen der Gruppe Ansar Dine. Einwohner berichteten, Frauen seien angewiesen worden, einen Schleier anzulegen und keine Hosen mehr zu tragen.
Die Islamisten, die zunächst gemeinsam mit den Tuareg-Rebellen gekämpft hatten, sollen die Zusammenarbeit inzwischen beendet und ihre vormaligen Verbündeten aus Timbuktu vertrieben haben. Während die laizistischen Tuareg-Rebellen im Norden Malis die Errichtung eines unabhängigen Staates anstreben, wollen die Islamisten in ganz Mali die Verhängung der Scharia erreichen. Die Aufständischen hatten die unklare Situation nach dem Militärputsch am 22. März für ihren Vormarsch im Norden Malis genutzt.
Sanktionen und Embargo
Nach der Afrikanischen Union (AU) verhängten jetzt auch die USA ähnliche Sanktionen gegen die herrschende Militärjunta. Diejenigen, die "Malis Rückkehr zu einer zivilen Führung und zu einer demokratisch gewählten Regierung blockieren" würden mit Reiseverboten belegt, hieß es aus dem Außenministerium in Washington. Zuvor waren bereits die Rebellen im Norden aufgefordert worden, die Waffen niederzulegen und in einen politischen Dialog einzutreten.
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS hatte am Montag ein Handelsembargo gegen Mali verhängt, um die Militärs zum Rückzug von der Macht zu zwingen. Alle Grenzen würden geschlossen, sagte der ECOWAS-Vorsitzende und Präsident der Elfenbeinküste, Allasane Ouattara, nach einem Sondergipfel.
Deutschland setzte nach dem Militärputsch ebenso wie die EU die Entwicklungshilfe aus. Wie Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel der Deutschen Welle sagte, werde nur noch unmittelbare, staatsferne Entwicklungshilfe geleistet. So seien von der Maßnahme nur die Putschisten und nicht die Bürger getroffen.
kis/sc/qu (afp, dapd, epd)