Mondpreise auf Sylt
24. Dezember 2011Deutschlands beliebteste Ferieninsel Sylt war schon immer ein teures Pflaster. Nirgendwo sonst in der Republik kosten Bauland und Immobilien mehr Geld. Daran hat auch die Finanz- und Wirtschaftskrise nichts geändert. Ebenso wenig wie die aktuelle Euro-Krise. Innerhalb von nur zehn Jahren haben sich die Preise für ein Eigenheim auf Sylt verdoppelt. So belief sich die Gesamtsumme von Grundstücks- und Hausverkäufen im zurückliegenden Jahr auf die bisherige Rekordsumme von über 750 Millionen Euro.
Quadratmeter kostet bis zu 30.000 Euro
Angesichts einer Umsatzsteigerung von rund 40 Prozent können sich die Makler auf der Insel zufrieden die Hände reiben. Und die Nachfrage, bestätigt Makler Lars Axmann, steigt weiter. Insbesondere im Hochpreissektor. Dabei handelt es sich um große Anwesen mit luxuriöser Ausstattung in bevorzugten Lagen am Meer.
Trotz der aktuellen Euro-Krise schnellen die Preise weiter in die Höhe. Eine Haushälfte kostet im Durchschnitt um die zwei Millionen Euro. "Das kann aber auch ganz leicht bis acht, neun oder zehn Millionen Euro hochgehen", meint Lars Axmann. Ein freistehendes Anwesen mit Reetdach und Meerblick kann mehr als 15 Millionen Euro kosten. Und im Nobelort Kampen sind Quadratmeterpreise von bis zu 30.000 Euro keine Seltenheit.
Dennoch stehen wohlhabende Interessenten regelrecht Schlange. Die Nachfrage übersteigt das verfügbare Angebot um ein Vielfaches. Der Kundenkreis bestehe aus Industriellen, Geschäftsleuten aus dem Ausland, Rechtsanwälten und Ärzten, sagt Axmann. Vor allem die Kapitalanleger, die unter sich bleiben wollen, zieht es nach Sylt. Genutzt werden diese teuren Anwesen nur von Familienmitgliedern oder allenfalls noch von Geschäftskunden - und das für wenige Wochen im Jahr.
Immobilie mit Wertsteigerungsgarantie
Aber nicht nur im Hochpreissektor sind Immobilien auf Sylt heiß begehrt. Selbst ein nur 25 Quadratmeter großes Apartment in einem sechsstöckigen Haus in Westerland findet für über 185.000 Euro einen Käufer. Da Sylt keiner antizyklischen Konjunktur ausgesetzt zu sein scheint, können Käufer davon ausgehen, eine Immobilie mit steigendem Wert erworben zu haben, erklärt Makler Lars Axmann.
Die Investoren kommen nicht nur aus der Bundesrepublik. Seit dem Ausbau des Flughafens in Westerland zieht es auch immer mehr Kapitalanleger aus dem europäischen Ausland auf die Nordseeinsel. Über Kundenzulauf können Makler nicht klagen. Dementsprechend gibt es einige dieser Immobilien-Vermittler, die an dem Boom teilhaben wollen. Das Branchentelefonbuch weist für die nur 99 Quadratkilometer große Insel über 70 registrierte Makler aus.
Geld verdrängt die Insulaner
Die große Nachfrage nach Immobilien macht den Einheimischen allerdings zu schaffen. Inzwischen gib es auf Sylt kaum mehr als 20.000 Einwohner und es werden immer weniger. Selbst wenn sie von ihren Eltern ein Haus geerbt haben, können sie es aufgrund des Preisauftriebs kaum unterhalten und somit auch nicht behalten. Peter Jensen, der langjährige Vorsitzende des Kulturkreises im Inseldorf Archsum, beobachtet diese Entwicklung seit Jahren. Angesichts der hohen Immobilienwerte kann ein Erbe seine Geschwister nicht gleichwertig auszahlen. Von dem Verkaufserlös dagegen können Erben auf dem Festland wesentlich günstiger eine Immobilie erwerben und wandern ab. Mit einer gewissen Verbitterung stellt Peter Jensen fest: "Wenn sie nicht Sklave von einer Immobilie werden wollen, ist eigentlich klar: Die Immobilie wird verkauft."
Die Abwanderung der auf Sylt geborenen Einwohner aufs Festland hat jetzt schon spürbaren Konsequenzen für die soziale Infrastruktur der Inseldörfer. In List beispielsweise fehlt der freiwilligen Feuerwehr der Nachwuchs. Darum hat die Gemeinde notgedrungen auch ältere Männer quasi zwangsverpflichtet. In Rantum sieht es nicht anders aus. Zweitwohnungsbesitzer, also die Kapitalanleger, können nicht herangezogen werden.
Autor: Klaus Deuse
Redaktion: Insa Wrede