Indiens Premier zieht Agrarreform zurück
19. November 2021Nach fast einjährigen Protesten zieht Indiens Premierminister Narendra Modi eine kontroverse Agrarreform zurück. Er rief Tausende Landwirte, die monatelang rund um die Hauptstadt Neu Delhi demonstriert hatten, zur Rückkehr in ihre Dörfer auf. Die Bauern hatten während der Proteste nahe dem politischen Zentrum in Zelten kampiert. Für die Regierung war der anhaltende Widerstand eine der größten Krisen ihrer bisherigen Amtszeit.
Die Landwirtschaft in Indien gilt als ineffizient und reformbedürftig. Wie Änderungen auszusehen hätten, ist allerdings höchst umstritten. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt vom Agrarsektor. Meist sind es Kleinbauern, die wenig Alternativen haben. Ihnen hatte die Regierung höhere Einkommen versprochen - durch privatwirtschaftliche Regelungen.
Konkret sollten die nun gekippten Gesetze es Firmen erleichtern, direkt bei den Bauern einzukaufen. Bislang wird Getreide überwiegend in staatlich organisierten Großmärkten mit Mittelsmännern zu garantierten Mindestpreisen gehandelt. Die Regierung versuchte, Bauernvertreter in mehreren Gesprächsrunden von den geplanten Änderungen zu überzeugen, was jedoch nicht gelang. Die Landwirte befürchten, der Druck großer Unternehmer auf die Erzeuger würde zu niedrigeren Erlösen führen.
Dass der Premier die Reform zum jetzigen Zeitpunkt strich und dies öffentlichkeitswirksam in einer Fernsehansprache verkündete, dürfte auch den anstehenden Wahlen im einwohnerstärksten Bundesstaat Uttar Pradesh und im Punjab geschuldet sein. Denn dort sieht sich Modis hindunationalistische Partei starker Konkurrenz gegenüber. Viele der protestierenden Landwirte stammen aus dem Punjab, der von Ackerbau und Viehzucht geprägt ist.
jj/fab (dpa, afp, rtr, ap)