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Inflation in der Türkei steigt weiter

4. Juli 2022

Die Entwertung der türkischen Lira erreichte im Juni offiziell fast 80 Prozent. Opposition und einige Forscher schätzen die Inflation sogar noch viel höher ein.

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Türkei Symbolbild Inflation
Bild: Murad Sezer/REUTERS

Im Juni erhöhten sich die Lebenshaltungskosten in der Türkei gegenüber dem Vorjahresmonat auf 78,6 Prozent. Das teilte das nationale Statistikamt am Montag in Ankara mit. Im Vormonat hatte die Teuerungsrate rund 74 Prozent betragen.

Besonders Transport und Lebensmittel verteuerten sich im Juni auf Jahresbasis deutlich. Auch die Herstellerkosten stiegen weiter: Auf Jahressicht erhöhten sich die Preise, die Produzenten für ihre Güter erhalten, laut Statistikamt im Juni um rund 138 Prozent. Die Erzeugerpreise fließen in der Regel zeitverzögert und teilweise in die Verbraucherpreise mit ein.

Die Opposition wirft der Regierung vor, die Inflationszahlen zu schönen und geht von einer deutlich höheren Rate aus. Die in Istanbul ansässige Inflations-Forschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Juni im Jahresvergleich sogar auf 175,5 Prozent.

Inflation mehr als doppelt so hoch?

Die Inflationsrate in der Türkei wird durch mehrere Faktoren getrieben. Seit längerem sorgt die schwache Landeswährung Lira für erheblichen Preisauftrieb, da in die Türkei importierte Güter dadurch verteuert werden. Auch steigen die Preise vieler Rohstoffe, nicht zuletzt wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Die türkische Notenbank stemmt sich nach Meinung vieler Ökonomen zudem nicht entschlossen genug gegen die hohe Teuerung. Vielmehr haben die Währungshüter ihre Geldpolitik seit vergangenen Sommer gelockert.

Nach gängiger ökonomischer Lehre kann eine Erhöhung der Zinsen der Inflation entgegenwirken. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan argumentiert hingegen, dass hohe Zinsen Inflation verursachen. Die Notenbank folgt Erdogans Linie und verzichtet bislang auf Zinserhöhungen. Sie hält den Leitzins seit Januar bei 14 Prozent.

Mindestlohn und Armutsgrenze

Angesichts der massiven Inflation hatte die Erdogan den monatlichen Mindestlohn um rund 30 Prozent anheben lassen. Er steige auf 5500 Türkische Lira netto (rund 316 Euro) monatlich, sagt der Erdogan am Freitag (01.07.) in Istanbul. Es ist die zweite Anhebung in einem Jahr. Normalerweise wird der Mindestlohn nur einmal im Jahr angepasst.

Nach Angaben des Gewerkschaft-Dachverbandes Türk-Is betrug der Betrag, der erforderlich ist, um eine vierköpfige Familie zu ernähren, im Juni 6391 Lira, also knapp 900 Lira mehr als der Mindestlohn.

Die Armutsgrenze für einen Vier-Personen-Haushalt lag demnach im Juni bei 20.818 Lira (derzeit rund 1200 Euro). Damit musste der Haushalt mehr als doppelt so viel verdienen, um über die Runden zu kommen, als im Juni vergangenen Jahres.

bea/hb (dpa)