Integrationspolitik mit Stärken und Schwächen
12. April 2011Deutschland bietet einen klaren Weg zur Staatsbürgerschaft und zielgerichtete Hilfen, um Migranten in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dies sind zwei Ergebnisse der aktuellen MIPEX-Studie 2011. Der MIPEX ist ein internationaler Index (Migrant Integration Policy Index), der den rechtlichen Rahmen zur Integration in 31 Ländern Europas und Nordamerikas vergleicht. Dabei geht es um die Bedingungen für Migrantinnen und Migranten aus Ländern außerhalb der Europäischen Union (EU). Das betrifft in Deutschland mit rund 4,3 Millionen Menschen etwa zwei Drittel aller Einwohner mit Migrationshintergrund.
"Internationales Netzwerk an Wissenschaftlern"
Guido Jansen vom British Council sagt über die Erhebung: "Im Unterschied zu anderen Studien in diesem Bereich ist die MIPEX-Studie eine wirklich große Studie. Außerdem wurde sie von einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern und ausgewiesenen Experten erhoben, es ist nicht nur ein Institut, das hier forscht."
Jansen ist Referent für Migration und Integration beim British Council in Berlin und für die Studie seit 2007 zuständig. Der British Council ist Großbritanniens internationale Organisation für Bildung und Kultur und auch in Deutschland vertreten. Die MIPEX-Studie wird von der Forschungsgruppe Migration Policy Group in Brüssel erstellt, einem nach eigenen Angaben unabhängigen Think-Tank. Der British Council ist für die Veröffentlichung der Ergebnisse weltweit zuständig, entsprechende Daten wurden bereits bereits 2005 und 2007 veröffentlicht.
Platz 12 für die deutsche Integrationspolitik
"Deutschland ist insgesamt gutes Mittelfeld in seiner Position. Es hat einige Stärken, die im Rahmen der Studie erhoben wurden. Der Zugang zum Arbeitsmarkt wird beispielsweise sehr positiv bewertet. Als besondere Schwäche wird kritisiert, dass die rechtlichen Maßnahmen gegen Diskriminierung oft nicht ausreichen und Akteure wie Nicht-Regierungsorganisationen nur eine schwache Stellung haben", sagt Jansen über den deutschen Platz 12 im Gesamtranking der MIPEX-Studie. Deutschland hat 57 Prozent von möglichen 100 bekommen. Ganz oben findet sich Schweden, den 31. und letzten Platz nimmt Lettland ein. Der EU-Durchschnitt liegt bei 52 Prozent.
Doch wie kann man Integrationspolitik untersuchen? "Die rechtliche Situation von Migranten wird in sieben unterschiedlichen Politikbereichen wie Familienzusammenführung oder Antidiskriminierung verglichen. Der Vergleich wird auf Basis von 148 Indikatoren durchgeführt, die aus internationalen rechtlichen Standards abgeleitet wurden. Richtlinien der EU, Vereinbarungen des Europarates und anderen", erklärt Jansen.
Beispielsweise setzt sich der Politikbereich "Mobilität des Arbeitsmarktes" aus 16 Indikatoren zusammen. Die direkte Möglichkeit, sich selbständig zu machen, wird ebenso bewertet, wie Maßnahmen, mit denen jugendliche Migranten wirtschaftlich integriert werden sollen. Auch die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen gehört dazu. Obwohl die rechtlichen Regelungen dafür in Deutschland verbesserungsbedürftig sind, wird der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt in der Studie insgesamt überdurchschnittlich bewertet, weil die Anerkennung von Qualifikationen nur ein Aspekt von 16 ist.
Die Studie zeigt beispielsweise auch auf, welche rechtlichen Regelungen dazu geführt haben, dass die Möglichkeiten zur Einbürgerung im Vergleich zu 2007 deutlich besser bewertet werden. Jansen erklärt: "Einerseits gab es eine Vereinheitlichung der Einbürgerungstests. Andererseits ist die Staatsbürgerschaft, die erworben werden kann, sicherer geworden: Der Zeitraum, in dem der Titel aufgrund der Vermutung von Täuschung noch entzogen werden kann, ist kürzer geworden." Das Bundesverfassungsgericht hatte die Frist 2006 auf fünf Jahre begrenzt.
Die Integrationspolitik eines Landes, sagt Jansen vom British Council, verändert sich nur relativ langsam. Rechtliche Neuregelungen in den einzelnen Politikbereichen könnten sich zwar zum Teil drastisch auswirken, hätten aber nur eine geringen Auswirkung auf die Gesamtbewertung. Wichtig sei es, Verbesserungen und Verschlechterungen über einen längeren Zeitraum festzustellen. Nur so könne man die Angleichung der rechtlichen Situation von Migrantinnen und Migranten in Europa erreichen.
Autorin: Klaudia Prevezanos
Redaktion: Hartmut Lüning