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Presseschau Obama

25. Juli 2008

Für die Kommentatoren der europäischen Zeitungen war die Obama-Rede und die Stimmung in Berlin wenig überraschend - bot jedoch einen Ausblick auf die Probleme der transatlantischen Beziehungen.

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Symbolbild Presseschau
Die unabhängige französische Tageszeitung "Le Monde" schreibt: "Europa kennt den Präsidentschaftskandidaten Barack Obama recht gut, doch das Gegenteil kann man nicht behaupten. Der demokratische Kandidat für das Amt im Weißen Haus ist in Berlin von einer beeindruckenen Menschenmenge begrüßt worden. Nach Meinungsumfragen sind die Europäer mehrheitlich für Obama, während die Regierungen Gründe haben, etwas zurückhaltender zu sein. Was den Handel anbelangt, so hat sich der Kandidat eher protektionistisch geäußert. Die Europäer müssen befürchten, dass ein von Demokraten beherrschter Kongress verstärkten Druck ausüben wird. Obama ist vielleicht ein globaler Kandidat, doch seine Positionen sind es nicht alle."

Zeit für Erneuerung der atlantischen Beziehungen

Die konservative britische Zeitung "The Times" schreibt: "Wenn es um unmittelbare Bedrohungen unserer Sicherheit geht wie Terrorismus oder Klimawandel, so dürften die USA unabhängig vom Kandidaten für das Präsidentenamt Kontinuität in ihrer Politik zeigen. Neue Probleme können durch die wachsende Macht Russlands entstehen, die Verbreitung von Nukleartechnologie im Nahen Osten und die Instabilität der Weltwirtschaft. Die meisten dieser Herausforderungen können mit einem stärkeren amerikanischen Einfluss besser gelöst werden als mit einem geringeren Einfluss. Die Zeit ist reif für eine Erneuerung der atlantischen Beziehungen."

Erfolg im Auswärtsspiel

Der "Tages-Anzeiger" aus Zürich schreibt: "Mit seinem großen Auftritt hat der Hoffnungsträger der US-Demokraten einiges riskiert. Zwar übertrugen die amerikanischen TV-Ketten seinen Auswärtssieg in die Heimat. Und manchen Amerikaner wird Obamas Erfolg mit Stolz erfüllen. Doch werden ihn diese stolzen Amerikaner auch beim entscheidenden Heimspiel im November unterstützen? Im heutigen Amerika mit seinen tiefen Spuren der Bush-Jahre ist wenig so verwerflich, wie unamerikanisch zu sein. Wer sich wie Obama Europa als Partner empfiehlt, dort zu viele Freunde und Verehrer hat, gilt schnell als gott- und prinzipienlos, als unentschlossen und Weichei. Obamas Erfolg von Berlin ist daher trügerisch und dessen Langzeitwirkung nicht absehbar."

Obama-Mania als wahltaktisches Kalkül

Die Wiener Zeitung "Der Kurier" schreibt: "Dass viele Deutsche, besonders aber Berliner, Obama offenbar mehr zulaufen als seine eigenen Landsleute, ist vor allem eine Demonstration gegen den weithin verhassten Amtsinhaber Bush. Und wenn ein Großteil der deutschen Linken Obamas bisher eher schwammigen Heilsversprechen applaudiert, ist das weniger naiv als eigenes wahltaktisches Kalkül: Wer sich beim Hoffnungsträger anbiedert, stellt den innenpolitischen Gegner mit dessen diplomatischer Distanz zu beiden US-Kandidaten leichter in das Eck der Bush-Freunde. Das verhinderte schon einmal die Niederlage eines SPD-Kanzlers - die von Gerhard Schröder 2002."

Obama gibt, was gewollt ist

Die liberal Wiener Zeitung "Der Standard" schreibt: "Wie fast alle Wahlkampfansprachen Obamas bisher war auch die Berliner Rede kein Feuerwerk an programmatischen Ansagen. (...) Was genau Obama denn mit der Macht anfangen will, so er ins Weiße Haus gewählt wird, war daraus nicht abzulesen. Für die meisten seiner Zuhörer - in Europa wie in den USA - mag das zweitrangig sein. Hat er ihnen doch geboten, was sie hören wollen: Für die Europäer gab es ein Eingeständnis amerikanischer Fehler und die Einladung zu einer neuen Partnerschaft. Die Amerikaner konnten sehen, dass hier einer der ihren in der Welt unterwegs ist, der die Reputation der USA hebt, der von Hunderttausenden herzlich begrüßt wird, statt von Demonstranten beschimpft. Besser hätte es für Obama beim Höhepunkt seiner globalen Wahlkampftour nicht laufen können." (kas)