Internationaler Druck auf Syrien wächst
27. April 2011Die internationale Gemeinschaft erhöht angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Regierungsgegner in Syrien den Druck auf Präsident Baschar al-Assad. Mehrere europäische Staaten machten sich am Dienstag (26.04.2011) dafür stark, auf UN-Ebene die Niederschlagung der Proteste und das Töten von Hunderten Demonstranten zum Thema zu machen.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, er halte es für notwendig, dass der Sicherheits- und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen sich mit der Situation in Syrien befassten. Westerwelle forderte, in der EU müssten die Beziehungen mit Syrien auf den Prüfstand gestellt werden. "Klar ist: Wenn seine Regierung am bisherigen Kurs festhält, wird dies Konsequenzen nach sich ziehen müssen", sagte Westerwelle, ohne dazu weitere Details zu nennen. Er ließ zudem den syrischen Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellen, um der Regierung in Damaskus die deutsche Haltung "erneut in aller Deutlichkeit zu übermitteln" und forderte, die Verantwortlichen für die Übergriffe zur Rechenschaft zu ziehen.
UN-Generalsekretär verurteilt Einsatz von Gewalt
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, und Portugal brachten bei den Vereinten Nationen in New York einen Entwurf für eine Syrien-Erklärung des Sicherheitsrates ein. Nach Agenturberichten wird darin ein Ende der Gewalt gefordert. Von Sanktionen sei in dem Papier nicht die Rede. Eine Diskussion über die vorgeschlagene Erklärung verschob das höchste UN-Gremium am späten Dienstagabend jedoch auf Mittwoch.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte nach einem Treffen mit dem Sicherheitsrat den Einsatz von Panzern und scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten in Syrien. Die syrischen Behörden seien verpflichtet, Zivilisten zu schützen und die Menschenrechte zu respektieren, sagte Ban. Er sei nach wie vor der Ansicht, dass nur ein "alle Seiten einschließender Dialog und echte Reform auf die berechtigten Bestrebungen des syrischen Volkes eingehen und Frieden und gesellschaftliche Ordnung wiederherstellen können".
EU erwägt Sanktionen
Die Europäische Union erwägt unterdessen Sanktionen gegen das Regime in Damaskus. Das teilte eine Sprecherin der EU-Kommission in Brüssel mit. Die Mitgliedsstaaten wollten rasch darüber beraten. Die USA hatten bereits am Montag Sanktionen gegen Mitglieder der syrischen Regierung ins Gespräch gebracht. Demnach könnten Vermögenswerte eingefroren oder Geschäfte in den Vereinigten Staaten verboten werden.
Assad setzt immer härtere Mittel ein
Seit fast sechs Wochen lässt Assad seine Truppen mit massiver Gewalt gegen Demonstranten vorgehen, die Reformen fordern. Am Wochenende kamen erstmals auch Panzer und andere schwere Waffen zum Einsatz. Es soll bereits mehrere hundert Tote gegeben haben.
Am Dienstag seien in der syrischen Oppositionshochburg Daraa erneut Demonstranten von Panzertruppen und Scharfschützen mit äußerster Brutalität angegriffen worden, berichteten Augenzeugen. Ein Mann sei erschossen worden, als er die Leichen seiner bei dem blutigen Militäreinsatz am Montag getöteten Brüder bergen wollte.
Gleichzeitig versuchte die Regierung, mit einer landesweiten Verhaftungswelle die Anführer der Protestbewegung aus dem Verkehr zu ziehen. Ein Augenzeuge sagte, in Naime außerhalb von Daraa suchten Sicherheitskräfte in Zivil auf den Mobiltelefonen der Bewohner nach Aufnahmen von Protesten. In Duma, außerhalb der Hauptstadt Damaskus, schlossen die Behörden ein privates Krankenhaus, wie ein Bewohner berichtete. Die Familien der Patienten seien aufgefordert worden, diese nach Hause zu bringen. Drei Ärzte seien festgenommen worden. Auch in anderen Häusern in Duma seien mutmaßliche Oppositionelle festgenommen worden.
Warnungen vor Syrien-Aufenthalten
Die Bundesregierung riet allen Deutschen in Syrien, das Land zu verlassen. Sie sollten ausreisen, so lange dies noch möglich sei. Von Reisen nach Syrien rät das Auswärtige Amt bereits seit längerem dringend ab. Die US-Regierung rief gleichfalls ihre Bürger zur schnellen Ausreise aus Syrien auf. Auch die Philippinen drängten die 17.000 philippinischen Arbeiter in Syrien zur Ausreise.
Autor: Martin Schrader (dapd, dpa, rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber