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Rolle verspielt

Das Interview führte Eva Usi9. Januar 2008

Was ist vom Besuch des US-Präsidenten im Nahen Osten zu erwarten? Und wie kann die Nahostpolitik von George W. Bush bewertet werden. Nahost-Experte Udo Steinbach sieht vertane Chancen.

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Udo Steinbach, Quelle: dpa
Udo Steinbach (Archivfoto): Auch die Europäer haben ihre Chancen in der Region verspieltBild: picture-alliance / akg-images

Welchen Sinn hat der Besuch von Präsident George W. Bush in Israel?

Zumindest möchte der US-Präsident ein Zeichen setzen, dass er das wichtigste Problem im Nahen Osten nun lösen möchte. Wir haben lange darauf gewartet, dass er etwas unternimmt. Dann kam Annapolis. Das war aber nur ein halber Erfolg, und so versucht Bush jetzt einen Durchbruch zu erzielen. Allerdings sind die Chancen, die Krise nun in einem überschaubaren Zeitraum zu lösen, nicht gut: Er hat zu lange gewartet, und in Nahost ist zu viel passiert.

In Annapolis waren viele arabischen Staaten über die Siedlungpolitik Israels verärgert. Wird Israel sich in diesem Punkt bewegen?

Präsident Bush am 9.1.2007 bei der Ankunft in Tel Aviv, Quelle: AP
Präsident Bush bei der Ankunft in Tel AvivBild: AP

Es gibt momentan widersprüchliche Signale aus Jerusalem. Zwar wurde der Siedlungsbau nicht gestoppt, aber immerhin hat der israelische Ministerpräsident angekündigt, dass einige Außenposten geräumt und keine neuen Siedlungen angelegt werden. Zugleich aber heißt es, dass bestehende Siedlungen wie zum Beispiel Maale Adumin bei Jerusalem weiter ausgebaut werden. Eines ist klar: Wenn es dem US-amerikanischen Präsidenten nicht gelingen sollte, Israel ein eindeutiges Signal in dieser Frage zu entlocken, dann können wir diesen ganzen Besuch vergessen. Denn das würde bedeuten, dass das Gewicht der USA in Israel praktisch gleich Null ist.

Bush besucht Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, um eine arabische Allianz dem Iran als Hegemonialmacht in der Region entgegenzusetzen. Wie schätzen Sie die Situation ein?

Das Konzept kennen wir seit längerem: Man versucht, eine Allianz zu schmieden zwischen den gemäßigten arabischen Staaten, die in Annapolis dabei waren und die Bush jetzt besucht, und Israel auf der anderen Seite. Unmittelbar nach der Rückkehr der arabischen Politiker aus Annapolis haben wir allerdings etwas sehr seltsames erlebt: Der iranische Präsident Ahmadinedschad wurde vom Golfkooperationsrat zu dessen Jahresversammlung eingeladen. Das heißt, die arabischen Staaten trauen Bush nicht zu, dass seine Politik wirklich zum Ziel führt. Sie gehen stattdessen ihren eigenen Weg - und dieser eigene Weg führt sie eher auf den Iran zu, als dass sie sich von Amerika eine Politik der Isolierung Irans vorschreiben ließen.

Bushs Ansehen in Ägypten, dem wichtigsten arabischen Land, ist gesunken. Gibt es eine Annäherung zwischen Kairo und Teheran?

Die Entwicklung ist seit langem absehbar, beide Staaten nähern sich einander an. Aber das Konzept der USA, die arabische Welt zwischen dem Golf und Ägypten gegen den Iran zu mobilisieren - und noch dazu in einer Allianz mit Israel - dürfte nicht gelingen. Zumal auch die Beziehungen zwischen Washington und Kairo in den letzten Jahren schlechter geworden sind.

Es wird spekuliert, dass Bush dem Irak und dem Libanon einen Überraschungsbesuch abstattet. Welche Perspektiven gibt es für den Irak nach der Bush-Ära?

Die US-Administration ist davon überzeugt, in die richtige Richtung gegangen zu sein, als sie die Truppen im Irak im Frühjahr 2007 aufgestockt haben. Und in der Tat gibt es nun weniger Gewalt. Bush könnte jetzt versuchen, diese Ansätze zu einer Beilegung des Irak-Konfliktes irgendwie weiter zu entwickeln.

Bush mit Olmert (rechts) und Abbas in Annapolis, Quelle: AP
Gefeierter Erfolg: Bush mit Olmert (links) und Abbas in AnnapolisBild: AP

Über die zukünftige US-Regierung lässt sich noch keine Vorhersage treffen, da insbesondere Hillary Clinton und Barack Obama in diesem Punkt bisher sehr unterschiedliche Signale gesendet haben. Aber eines ist klar: Der Irak-Konflikt lässt sich nicht in 24 oder 36 Monaten beilegen - auch nicht unter einer neuen Regierung.

Wie es mit dem Libanon weitergeht, das werden wir sehen. Hier könnte der Bush-Besuch in Beirut einen Durchbruch bringen. Das amerikanische Gewicht könnte tatsächlich am Ende dazu führen, dass das Vakuum der Präsidentschaft im Libanon endlich gefüllt wird.

Was hinterlassen acht Jahre Bush-Politik in der arabischen Welt?

Ein weitgehendes Chaos - Amerikas traditionelle Rolle als Ordnungsmacht im Nahen und Mittleren Osten ist vorerst verspielt worden. Die USA haben einen enormen Vertrauensverlust hinnehmen müssen - insbesondere bei seinen engsten Freunden. Die Tatsache, dass sich die Araber nun lieber den Iranern annähern, als sich dem amerikanische Schutz anzuvertrauen, ist bezeichnend dafür. Damit ist auch die Gefahr größer geworden, dass ausgehend vom Iran, dem Palästina-Konflikt oder dem Libanon noch mehr Chaos entsteht.

Was können die Europäer tun?

Kämpfer im Irak
"Der Irak-Krieg lässt sich nicht in 24 oder 36 Monaten beilegen"Bild: AP

Die Europäer haben in den letzten Jahren ihre Chancen verspielt. Wir sehen seit langem, dass ein Vakuum im Nahen Osten besteht, das die Vereinigten Staaten hinterlassen haben. Europa war eigentlich auch gefordert - vor allem die arabische Erwartungen waren entsprechend. Aber es ist nicht gelungen, eine einheitliche europäische Politik zu formulieren. Ich bin sehr skeptisch, ob die Europäer zwischen den Palästinenser und den Israelis das zustande bringen, was die US-Amerikaner in den letzten acht Jahren nicht geschafft haben.

Udo Steinbach ist derzeit Professor am Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien der Uni Marburg