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Iraks traditionelle Handelspartner kommen aus Europa

Michael Brückner20. Dezember 2003

Besonders Frankreich, Russland und Deutschland pflegten über Jahrzehnte enge Wirtschaftsbeziehungen zum Irak. Trotz aller Unkenrufe hoffen etliche Unternehmen aus diesen Ländern, bald wieder im Irak Geschäfte zu machen.

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Welche Unternehmen im Irak bald wieder Geschäfte machen, ist längst nicht herausBild: AP

Die Aufregung um das von US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz vorgelegte Memorandum über den Ausschluss bestimmter Länder von der Auftragsvergabe im Irak legt sich bereits. Mindestens 100 Milliarden Dollar müssten zum Wiederaufbau des Landes investiert werden, so die gängigen Schätzungen. Bislang hat der US-Kongress 18.6 Milliarden Dollar dafür bewilligt. Nur die Projekte, die direkt mit diesem Geld finanziert werden, unterliegen dem Wolfowitz-Embargo. Wer die Arbeiten dann im einzelnen ausführt, ist damit aber noch nicht gesagt.

Europäische Normen

Der für die Golfregion zuständige Korrespondent der Bundesagentur für Außenwirtschaft (BFAI), Franz Reichwein, meinte auf einer Konferenz im September 2003 sogar, dass viele von den Amerikanern gestartete Projekte zum Scheitern verurteilt seien, da diese über den Irak einfach zu wenig wüssten. Zum Beispiel werde dort bei der Telekommunikation schon immer europäische Technik verwendet, die mit der US-amerikanischen gar nicht kompatibel sei. Auf vielen Gebieten gelten im Irak europäische Normen.

Bis zum Sturz Saddam Husseins, und auch schon lange vor seiner Gewaltherrschaft, waren besonders Frankreich, Deutschland und Russland die wichtigsten Handelspartner des Irak außerhalb der Golfregion.

Deutsche Unternehmen bereits aktiv

Cebit-Mobil
Siemens-MobilBild: AP

In einem Interview mit der Deutschen Welle (17.12.2003) zeigte sich Jochen Münker vom Deutschen Industrie und Handelskammertag gelassen. Länder, die bereits früher Anlagen in den Irak geliefert hätten, würden für den Wiederaufbau sicher gefragte Partner sein. Siemens zum Beispiel baue im Nordirak das Mobilfunknetz auf, und auch im Wasser- und Kraftwerkssektor seien schon jetzt deutsche Unternehmen wieder aktiv. In den 1980er Jahren war Deutschland zeitweilig sogar der größte Außenhandelspartner des Irak.

Langjährige Kontakte bestehen in der Zement-, Stahl- und Telekommunikations-Branche. Viele Bereiche der irakischen Stromversorgung stammen von deutschen Unternehmen. Auch wenn die Generalaufträge an US-Firmen gehen sollten, werden dann wohl doch die deutschen Firmen, die das alles einmal installiert haben, zumindest wieder beteiligt werden.

Russland bangt um sein Geld

Russische Unternehmen waren besonders in der irakischen Ölindustrie engagiert. Russsland hatte sogar in den 1990er Jahren nach Ansicht der USA das internationale Embargo gegen den Irak gebrochen. Ganz offen sprach der russische Energieminister Igor Jussufow Ende März 2003 - also unmittelbar vor dem amerikanisch-britischen Feldzug - davon, dass "alle russischen Unternehmen, die Interessen im Irak haben, dorthin sofort zurückkehren müssten". In dem Jahr vor dem amerikanisch-britischen Einmarsch in den Irak war Russland der größte Außenhandelspartner des Irak. Russische Firmen vereinbarten Geschäfte im Wert von mehr als vier Milliarden Dollar mit dem Land.

Franco-Arabische "Special-Relationship"

Elf in Leuna
Elf-Aquitaine Raffinerie in LeunaBild: AP

Besonders der französische Staatspräsident Jacques Chirac musste sich unmittelbar vor dem letzten Irak-Krieg seine frühere Begeisterung für den Irak unter Saddam Hussein vorhalten lassen. Als dessen Regime in den 1970er Jahren noch jung war, nannte Chirac Saddam sogar "meinen Freund". Der französische Öl-Konzern Elf-Aquitaine erhielt Rechte für vielversprechende Ölfelder. Der vermutlich auch zur Herstellung von waffenfähigem Uran taugliche Atomreaktor Osirak bei Bagdad, den die israelische Luftwaffe 1981 in einem Überraschungsangriff zerstörte, war ein Produkt dieser französisch-irakischen Freundschaft.

Traditionell unterhält Frankreich besonders enge Beziehungen zur arabischen Welt. 2001 exportierte Frankreich Waren im Wert von 660 Millionen Euro in den Irak. Auf der bis 2002 alljährlich im November in Bagdad stattfindenden Industriemesse war der französische Stand in den 1990er Jahren stets der größte. Und weil er so schön opulent war, wurde er gleich mehrmals mit der Goldmedaille der Messegesellschaft ausgezeichnet.