Iraner stellen sich gegen Kopftuchzwang
4. Februar 2018Der wachsende Widerstand gegen das Gesetz sei für das islamische Land besorgniserregend, so der Bericht des strategischen Zentrums im iranischen Präsidialamt. Im Iran müssen Frauen seit der Revolution 1979 in der Öffentlichkeit ein Kopftuch sowie einen langen, weiten Mantel tragen. Das gilt auch für Mädchen ab neun Jahren.
Die Mehrheit glaube, dass die Frauen - und nicht der islamische Staat - entscheiden sollten, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht, so der von der Nachrichtenagentur Isna veröffentlichte Bericht. Laut Präsidialamt hätten auch drastische Maßnahmen der Sittenpolizei, wie etwa Festnahmen von "unislamisch gekleideten Frauen" und Geldstrafen vermutlich auch deshalb keine Wirkung gezeigt.
"Verstoß gegen die gesellschaftliche Ordnung"
Nach Einschätzung von Beobachtern ist die Veröffentlichung des Präsidialamtsberichts ein großer Erfolg der Anti-Kopftuch-Proteste von Frauen in Teheran und anderen iranischen Städten. Seit Ende Dezember fordern immer mehr Frauen eine Abschaffung der Kopftuchpflicht in der Islamischen Republik.
Bis jetzt wurden mindestens 30 Frauen von der Polizei festgenommen. Die Polizei warf den Frauen vor, gegen die "gesellschaftliche Ordnung" verstoßen zu haben. Auch gläubige Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen, ältere Frauen, Männer und angeblich auch einige Kleriker haben sich den landesweiten Protestaktionen angeschlossen. Seit einigen Tagen zeigen zudem Abgeordnete im Parlament ihre Solidarität mit der Anti-Kopftuch-Kampagne.
In den vergangenen Tagen wurden in den sozialen Netzwerken zahlreiche Fotos von Frauen verbreitet, die ihr Kopftuch auf offener Straße abgenommen und es wie eine Fahne an einem Stab in die Luft gehalten hatten. Die Frauen ahmten damit die Protestaktion einer jungen Iranerin nach, die während der landesweiten Proteste Ende Dezember an einer Hauptstraße in Teheran auf einen Verteilerkasten geklettert war und ihr Kopftuch an einem Stab durch die Luft geschwenkt hatte. Die junge Frau wurde festgenommen und nach Angaben der Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh erst nach einem Monat in Gewahrsam wieder freigelassen.
Hohe Kaution
Eine weitere Iranerin, die Anfang der Woche wegen einer ähnlichen Protestaktion festgenommen wurde, sitzt nach Angaben der Anwältin noch in Haft. Für ihre Freilassung müsste sie demnach eine Kaution von umgerechnet fast 90.000 Euro hinterlegen. Die hohe Summe verdeutliche die "Absicht" der Behörden, die junge Frau weiter festzuhalten, sagte Sotudeh.
Seit einigen Jahren handhaben viele Frauen im Iran die strengen Kleidervorschriften lockerer. In Teheran und den größeren Provinzstädten tragen viele Frauen farbenfrohe Kopftücher, unter denen oft der Haaransatz herausschaut, sowie eng anliegende Hosen zu knielangen Mänteln anstatt des traditionellen langen schwarzen Tschadors, der auf dem Land noch vorherrscht.
Generalstaatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri hatte die Protestaktionen gegen die Kopftuchpflicht zuletzt als "kindisch" und "belanglos" bezeichnet. Grund zur Besorgnis gebe es nicht, erklärte Montaseri. Die vereinzelten Demonstrantinnen hätten "aus Unwissenheit" gehandelt und seien möglicherweise "vom Ausland beeinflusst".
cgn/haz (afp, dpa)