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Irlands Regierung vor dem Aus

27. Februar 2016

Das Regierungsbündnis von Premier Kenny hat bei der Parlamentswahl laut einer Nachwahlbefragung drastische Verluste erlitten. Die konservative Fianna Fail legte dagegen zu. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden.

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Irlands Premierminister Enda Kenny (Foto: rtr)
Irlands Premierminister Enda Kenny hat keinen Grund zum JubelnBild: Reuters/C. Kilcoyne

Laut einer Nachwahlbefragung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders RTE kommt das Bündnis von Ministerpräsident Enda Kenny aus seiner Mitte-rechts-Partei Fine Gael und der linksgerichteten Labour-Partei nur noch auf rund 55 Sitze im Parlament und damit auf deutlich weniger als die erforderlichen 80 Sitze.

Ohrfeige für die Regierungskoalition

Die Fine Gael kommt nach Angaben von RTE nur noch auf einen Stimmenanteil von 24,8 Prozent. Bei der Wahl im Jahr 2001 erreichte sie noch 36,1 Prozent. Labour stürzte von 19,5 Prozent im Jahr 2011 um mehr als 12 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent ab. Laut "Irish Times" kommt die konservative Fianna Fail, die Irland jahrelang regiert hatte, auf 22,9 Prozent. Die nationalistische Sinn Féin, früher der politische Arm der IRA, hat der Zeitung zufolge moderat zugelegt und kommt auf 14,9 Prozent. RTE sieht die Fianna Fail bei 21,8 Prozent und die Sinn Féin sogar bei 16 Prozent.

Wähler unzufrieden mit dem Sparkurs

Die Regierungsparteien hatten gehofft, dass die Wähler sich für Stabilität statt Experimente entscheiden. Dem Marktforschungsinstitut Behaviour and Attitudes zufolge hat sich dagegen ein erheblicher Teil der Wähler für kleine Parteien entschieden, zu denen in Irland auch die Grünen zählen. Es scheint also, als hätten die Wähler die Koalition für ihren Sparkurs nach der Wirtschaftskrise abgestraft.

Zuwachs für kleine Parteien

So hatte sich Sinn Féin unter ihrem Vorsitzenden Gerry Adams zuletzt als Protestpartei positioniert und dem Bündnis Right2Change angeschlossen, das zuletzt 20.000 Bürger auf die Straßen Dublins brachte, um gegen Wassergebühren und den Sparkurs der Regierung zu protestieren. Die Vorsitzenden der beiden Linksparteien AAA und PBP erklärten ihre Bereitschaft, Adams zu einem "alternativen Ministerpräsidenten" zu wählen, falls es zu einer eigenen linken Mehrheit reicht - ein Szenario, das insbesondere irische Unternehmerverbände beunruhigt.

Endgültige Ergebnisse erst am Sonntag

Die tatsächliche Auszählung der Stimmen beginnt erst an diesem Samstag. Damit soll sichergestellt werden, dass auch die Stimmzettel von entlegenen Atlantik-Inseln mit ausgezählt werden können. Das Endergebnis der Parlamentswahl wird deshalb vermutlich erst am Sonntag vorliegen.

Transport einer Wahlurne auf der Insel Inishfree an der Westküste Irlands (Foto: AFP)
Transport einer Wahlurne auf der Insel Inishfree an der Westküste IrlandsBild: Getty Images/AFP/P. Faith

Die Sitzverteilung im irischen Parlament ist aufgrund des komplizierten Wahlsystems schwer vorherzusagen; im Vergleich zu den Stimmanteilen kann es deutliche Verschiebungen geben. Sollten sich die Prognosen bestätigen, wären allerdings im Grundsatz drei Szenarien möglich. Erstens: Die bisherige Koalition könnte mit der Unterstützung unabhängiger Kandidaten oder kleinerer Parteien weiterregieren. Zweitens: Es muss neu gewählt werden. Drittens: Die historischen Rivalen Fine Gael und Fianna Fail schließen sich zu einem Bündnis zusammen. Die Möglichkeit einer großen Koalition hatten ihre Parteichefs Kenny von der regierenden Fine Gael wie auch Fianna-Fail-Chef Micheal Martin im Vorfeld allerdings ausgeschlossen.

cw/sti (afp, dpa)