Irlands Regierungschef Leo Varadkar tritt zurück
20. März 2024Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar hat überraschend seinen Abschied als Regierungs- und Parteichef angekündigt. Er werde vom Amt des Taoiseach zurücktreten, sobald ein Nachfolger bereitstehe, sagte Varadkar vor Journalisten in Dublin. Den Parteivorsitz gebe er mit sofortiger Wirkung ab.
Sein Schritt habe sowohl persönliche als auch politische Gründe, so der 45-Jährige, der sich vor der Presse emotional bewegt zeigte. Nach nahezu sieben Jahren an der Spitze der Partei Fine Gael habe er das Gefühl, nicht mehr "die beste Person für diesen Posten" zu sein.
Er sei stolz, dazu beigetragen zu haben, dass das EU-Land moderner geworden und die Gleichberechtigung vorangeschritten sei, erklärte Varadkar. Zudem sei der Zeitpunkt für den Abschied günstiger als irgendwann sonst: Der Haushalt sei bewilligt, die Beziehungen zum Vereinigten Königreich hätten sich nach den Brexit-Streitigkeiten wieder verbessert.
"Politisches Erdbeben"
Experten bezeichneten die Ankündigung als "politisches Erdbeben". Der Vorsitzende der Partei Fianna Fail, Vize-Regierungschef Micheal Martin, sagte, die Entscheidung komme "unerwartet". Er gehe aber vom Fortbestand der Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode aus.
Der Rücktritt erfolgt ein Jahr vor der geplanten Parlamentswahl in Irland und anderthalb Wochen nach dem Scheitern des Referendums zur Neufassung eines Verfassungsartikels zur Familie und zur gesellschaftlichen Rolle von Frauen. Noch am Sonntag hatte sich Varadkar anlässlich des irischen St. Patrick's Day in Washington mit US-Präsident Joe Biden getroffen, dessen Familie irische Wurzeln hat.
Jüngster Taoiseach der Geschichte
Der studierte Mediziner ist seit Dezember 2022 Taoiseach (so die irisch-gälische Bezeichnung für den Regierungschef); er hatte das Amt zuvor bereits von 2017 bis 2020 inne. Bei seinem ersten Amtsantritt war er mit 38 Jahren der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte Irlands - und auch als offen homosexuell lebender Politiker im traditionell katholischen Irland eine Ausnahme.
Als potenzielle Nachfolger an der Spitze der Fine Gael werden Handelsminister Simon Coveney und Justizministerin Helen McEntee sowie der Minister für öffentliche Ausgaben, Paschal Donohoe, und der Minister für Höhere Bildung, Simon Harris, gehandelt.
jj/sti (dpa, afp, rtr)