Erneut Milliarden für Pleitebanken in Italien
25. Juni 2017Die Entscheidung fiel auf einer Sondersitzung des Kabinetts in Rom, die nur 20 Minuten dauerte. Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan sagte anschließend, 4,785 Milliarden Euro würden sofort bereitgestellt, um die Vermögensverhältnisse der zweitgrößten italienischen Bankengruppe Intesa Sanpaolo zu stabilisieren. Diese solle die gesunden Geschäftsbereiche der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca übernehmen. Der Rest lande in einer sogenannten Bad Bank. Weitere 400 Millionen Euro würden als Garantiesumme bereitgestellt. Hinzu kommen bis zu zwölf Milliarden Euro an Staatsgarantien, um mögliche Verluste durch faule Kredite abzudecken. Insgesamt könnte die Abwicklung den italienischen Staat jedoch bis zu 17 Milliarden Euro kosten.
Diese Maßnahmen erlaubten es, "die wirtschaftlichen Aktivitäten der venezianischen Banken zu erhalten", rechtfertigte Padoan das Eingreifen des Staates. Die Zweigstellen der Institute könnten am Montagmorgen regulär arbeiten - dann als Teil von Intesa, fügte Padoan hinzu.
Die Entscheidung komme auch den Kontoinhabern und Sparern sowie den Angestellten der beiden Banken zugute, hob Regierungschef Paolo Gentiloni hervor. Die Krise der Banken habe ein Niveau erreicht, das einen Rettungseinsatz nötig mache, um das Risiko eines "ungeordneten Zusammenbruchs" zu verhindern, sagte Gentiloni. Dem Plan muss noch das Parlament zustimmen. Auch die Bankenaufseher von EU und EZB müssen ihn absegnen.
"Nicht überlebensfähig"
Am Freitagabend hatte die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) mitgeteilt, dass die beiden Banken, die seit Jahren auf einem Riesenberg fauler Kredite sitzen, keine Zukunftschancen hätten und nach italienischem Insolvenzrecht abgewickelt werden sollen. Die EZB habe den Banken Zeit für einen Rettungsplan gegeben, sie hätten aber keine "glaubwürdigen Lösungen" unterbreitet. Die europäische Bankenabwicklungsbehörde SRB (Single Resolution Board) habe daher entschieden, dass die Rettungsbedingungen nicht gegeben seien.
Beide Banken haben jeweils etwa 500 Filialen und mehr als 5000 Mitarbeiter. Sie müssen sich wie andere italienische Institute mit hohen faulen Krediten herumschlagen und brauchen seit Jahren Hilfe von einem Rettungsfonds. 2016 wiesen sie eine Bilanzsumme von rund 28 Milliarden beziehungsweise 34 Milliarden Euro auf. Zum Vergleich: Bei der Deutschen Bank waren es rund 1600 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte der Rettungsfond Atlante 3,5 Milliarden Euro in die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza gepumpt - ohne Erfolg. Sie brauchen früheren Angaben zufolge insgesamt mehr als 6 Milliarden Euro an frischem Kapital.
Rom findet Schlupfloch
Eigentlich soll der seit Anfang 2016 greifende "einheitliche Abwicklungsmechanismus" (SRM) verhindern, dass Geldhäuser in der Europäischen Union erneut mit Milliarden an Steuergeldern gerettet werden. Die italienische Regierung nutzt daher ein Schlupfloch, das routinemäßige Insolvenzverfahren bei solchen Banken gestattet, die nicht als systemisch wichtig eingestuft werden. Es habe keine bessere Alternative gegeben, betonte Padoan.
Zum Sorgenkind Nummer eins des maroden italienischen Bankensektors hatte es vor einigen Wochen erst eine Grundsatzeinigung zwischen der EU-Kommission und der Regierung in Rom gegeben. So darf Italien der angeschlagenen Traditionsbank Monte dei Paschi di Siena mit einer milliardenschweren Kapitalspritze helfen. Möglich ist das, weil die Bank langfristig als profitabel eingeschätzt wird. Vielen gilt sie allerdings auch als "too big to fail" (zu groß zum Scheitern), ihre Pleite könnte also ein schweres Finanzbeben auslösen.
kle/as (rtr, dpa, afp)