Immunität von Ex-Minister Salvini aufgehoben
30. Juli 2020Es geht um einen Vorfall aus dem August 2019. Damals hatte Matteo Salvini als Innenminister angeordnet, mehr als 80 aus dem Mittelmeer gerettete Migranten auf dem Rettungsschiff "Open Arms" festzuhalten. Die Staatsanwälte von Palermo auf der italienischen Insel Sizilien bewerten das als Freiheitsberaubung und sind der Überzeugung, dass der rechtspopulistische Politiker damit seine Befugnisse überschritten und Amtsmissbrauch begangen habe.
Als Mitglied des Senats, der kleineren von zwei Parlamentskammern, genießt Salvini eigentlich Immunität, die ihn vor Strafverfolgung schützt. Doch wie schon im Februar dieses Jahres in einem anderen Fall - damals ging es um die Blockade des Küstenwachschiffs "Gregoretti" mit mehr als 100 Migranten an Bord - votierte eine Mehrheit der Senatoren für die Aufhebung dieser Immunität. Nach Angaben der Kammer stimmten 149 dafür, 141 dagegen.
"Ich würde es wieder tun"
Salvini, der als Vorsitzender der Rechtspartei Lega derzeit Wahlkampf für sieben im September geplante Regionalwahlen betreibt, könnte bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre ins Gefängnis müssen. Außerdem könnten ihm politische Aktivitäten zeitweise verboten werden, was einem Ende seiner politischen Karriere gleichkäme. Derzeit liegt die Lega bei etwa 25 Prozent der Stimmen - das sind 11 Prozentpunkte weniger als noch vor einem Jahr.
Der Lega-Chef reagierte auf die Aufhebung seiner Immunität trotzig und wies alle Schuld von sich: "Ich danke denjenigen, die mich in den Prozess schicken: Sie tun mir einen Gefallen. Ich bin stolz darauf, Italien verteidigt zu haben und ich würde es wieder tun."
Salvini argumentiert, dass die Entscheidung über das Festhalten der Migranten von der damaligen Regierung aus Lega und Fünf Sterne gemeinsam gefällt worden sei. Der 47-Jährige sprach von einem "politischen Prozess" und nannte die "Open Arms" ein "Piratenschiff.
Migration in Italien ein heißes Thema
Die Aufhebung der Immunität Salvinis und der damit bevorstehende Prozess fällt in eine Zeit, in der das Migrationsthema in Italien wieder hohe Wellen schlägt, weil täglich Hunderte Menschen in kleinen Booten übers Mittelmeer nach Italien kommen. Die meisten von ihnen starten in Libyen und Tunesien.
Im Juli ist die Zahl ankommender Migranten nach Angaben des Innenministeriums stark gestiegen: Bisher waren es 6431, mehr als sechsmal so viele wie im gleichen Monat 2019. Im Zeitraum Januar bis Juli zählte Italien bisher rund 13.400 Ankünfte, knapp viermal mehr als im Vorjahr, aber nicht so viele wie 2018 als 18.408 Migranten Italien in den ersten sieben Monaten des Jahres erreichten.
Die rechten Parteien in Italien, vor allem Salvinis Lega, machen Front gegen die Migranten, die sie als mögliche COVID-19-Gefahr bezeichnen. Der Regierung in Rom werfen sie vor, die Grenzen nicht ausreichend zu schützen.
mak/wa (dpa, rtr, afp)