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IWF: Corona verschärft Ungleichheit

6. April 2021

Die Erholung der Weltwirtschaft nach einem Jahr Corona verläuft zügiger als zunächst befürchtet, sagt der IWF voraus. Das weltweite Wachstum könnte 2021 bei 6,0 Prozent liegen - aber mit gravierenden Ungleichgewichten.

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Symbolbild Export Containerschiff Schiff
Bild: Congjun Xv/Zumapress/picture alliance

"Eine Krise wie keine andere." Diese Einschätzung der aktuellen Corona-Pandemie durch den Internationalen Währungsfonds IWF zieht sich wie ein roter Faden durch das Frühjahrsgutachten der Organisation. Es zeige sich aber auch ein außergewöhnlicher Aufholprozess, mit dem Volkswirtschaften weltweit verlorenes Terrain wieder gut machten, so der Report, der am Dienstag in Washington im Vorfeld der Frühjahrstagung der Institution vorgelegt wurde: Sechs Prozent Zuwachs erwartet der IWF für die globale Wirtschaft in diesem Jahr. Noch im Januar hatte die IWF-Prognose ein Wachstum um 5,5 Prozent erwartet.

Auch für das kommende Jahr sind die IWF-Ökonomen zuversichtlicher als bisher: Sie heben ihre Wachstumsprognose nun auf 4,4 Prozent an. Im Januar erwarteten sie 4,2 Prozent. Im Corona-Krisenjahr 2020 war die Weltwirtschaft um 3,3 Prozent geschrumpft.

"Weitere Beschleunigung"

"Wir rechnen jetzt mit einer weiteren Beschleunigung des Wachstums", hatte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bereits letzte Woche am Sitz der Organisation in Washington gesagt. Der IWF begründet das nun in seinem Frühjahrsgutachten mit "weiteren Hilfsmaßnahmen in einigen Ländern, nach der bereits beispiellosen Antwort auf die Krise in im letzten Jahr".

IWF Direktorin Kristalina Georgieva
IWF Direktorin Kristalina Georgieva (Archiv-Bild)Bild: Imago Images/Xinhua/Liu Jie

Besonders stechen dabei die USA heraus, die weltgrößte Volkswirtschaft, die das globale Wachstum nach oben ziehen dürften. "Die Vereinigten Staaten dürften das Niveau ihres Bruttoinlandsprodukts aus Vor-Covid-Zeiten in diesem Jahr übertreffen", heißt es in der IWF-Prognose. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) rechnet für die USA in diesem Jahr inzwischen mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 6,5 Prozent, ähnlich der IWF mit 6,4 Prozent.

Ein wichtiger Grund für das starke Wachstum dort ist das jüngst beschlossene Konjunkturpaket im Volumen von rund 1,9 Billionen US-Dollar (etwa 1,6 Billionen Euro). Das Hilfspaket entspricht fast zehn Prozent der jährlichen US-Wirtschaftsleistung. Zudem geht es mit dem Impfen gut voran: Bislang erhielten rund 106 Millionen Menschen in den USA mindestens die erste Impfung.

Viele andere Volkswirtschaften erreichen aber das vor der Krise gehaltene Niveau erst 2021 wieder, so der IWF. Bei vielen Schwellen- und Entwicklungsländern sei damit erst 2023 zu erwarten - ganz anders als in China, dass bereits im vergangenen Jahr wieder an Vorkrisenzeiten anschließen konnte.

Prognose für Deutschland: 3,6 Prozent

Für China, die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, erwartet  der IWF 2021 erneut ein starkes Wachstum: 8,4 Prozent. Die Eurozone sollte der IWF-Prognose zufolge im laufenden Jahr um 4,4 Prozent wachsen. Für Deutschland liegt die Wachstumsprognose bei 3,6 Prozent. Für 2022 prognostiziert der IWF für die Eurozone ein Wachstum der Wirtschaftsleistung um 3,8 Prozent, für Deutschland sollen es dann noch 3,4 Prozent sein. Das ist in allen Fällen mehr als bisher gedacht.

Der IWF warnte aber erneut, es zeichne sich global eine Erholung in zwei Geschwindigkeiten ab: Entwicklungs- und Schwellenländern fällt es schwer, die Corona-Krise zu überwinden, weil sie nicht genügend finanziellen Spielraum für Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur haben. Zudem stehen die ärmeren Länder bei der Verteilung der Impfstoffe eher am Ende der Schlange.

Weltspiegel 31.03.2021 | China | Impfungen in Qingdao
Impfkampagne in China (an der Universität Qingdao, im März) Bild: China Daily/REUTERS

Es drohen "gemessen an Vor-Pandemie-Erwartungen deutlich größere Lücken im Lebensstandard zwischen Entwicklungsländern und anderen", heißt es in dem Report. Alles in allem dürfte der IWF-Prognose zufolge der Einkommensverlust in den ärmeren Ländern pro Kopf 20 Prozent des entsprechenden Anteils am Volkseinkommen vor der Pandemie erreichen. Der Fonds geht davon aus, dass bereits 2020 weitere 95 Millionen Menschen in Armut geraten sind und 80 Millionen Menschen mehr als zuvor jetzt unterernährt sind.

"Zwei Geschwindigkeiten"

Neuen IWF-Daten zufolge müssten die ärmsten Länder der Welt in den nächsten fünf Jahren rund 200 Milliarden Dollar ausgeben, um mit den Folgen der Pandemie fertig zu werden. Weitere 250 Milliarden Dollar seien nötig, um zurück auf den Pfad zu kommen, gegenüber reicheren Staaten den Rückstand auch zu verringern.

Der IWF hat zuletzt für 85 Länder neue Finanzierungen im Volumen von über 107 Milliarden Dollar aufgelegt. 29 der ärmsten Staaten wurden zudem Schuldenerleichterungen gewährt. Im Raum steht - nachdem die USA ihren Widerstand dagegen aufgegeben haben - eine Kapitalspritze für den IWF im Umfang von 650 Milliarden Dollar. Deutschland unterstützt das Vorhaben. Nach den Worten eines Regierungsvertreters werde damit gerechnet, dass die Ausschüttung im August über die Bühne gehen werde. 42 Prozent der Mittel dürften an besonders arme Länder gehen.

Argentinien I Coronavirus I La Plata
95 Millionen neue Arme - Landbesetzer in Argentinien (in La Plata, Herbst 2020) Bild: Alejandro Amdan/telam/dpa/picture-alliance

Allerdings weist der IWF in seiner Prognose auch daraufhin, dass es "Unterschiede nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch innerhalb der Länder gibt": Junge Beschäftigte und Arbeitskräfte mit schlechter Ausbildung seien härter durch Einkommensverluste betroffen. In Entwicklungs- und Schwellenländern verschärfe zudem der niedrigere Beschäftigungsanteil von Frauen solche Tendenzen.

Und dann ist da der unberechenbare Verlauf der Pandemie: "Die Prognosen sind mit einem hohen Grad von Unsicherheit behaftet", stellt der IWF in seinem Report fest. Sehr viel hänge vom "Rennen zwischen Virus und Impfstoff" ab. Das Impfen sei der Weg aus der Krise, sagte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath am Dienstag in Washington. Eine noch stärkere Erholung sei bei schnelleren Fortschritten denkbar, allerdings auch eine längere Krise, sollten sich Virusvarianten herausbilden, gegen die die Vakzine nicht wirkten.

Und auch beim Impfen, so die Fonds, zeigt sich hier erneut die Spaltung zwischen entwickelten und weniger entwickelten Ländern. In einer Schätzung, die der IWF unlängst zusammen mit der Weltbank vorlegte, wird die Summe genannt, die allein die Länder Afrikas brauchten, um ausreichende Impfsicherheit für die Bevölkerung erreichen zu können: Es sind 12 Milliarden Dollar.

ar/hb (dpa, rtr – IWF)