Iveta Apkalna weiht Elphi-Orgel ein
27. Januar 2017Sie ist die Herrin der Elphi-Orgel: die LettinIveta Apkalna. Die 40-Jährige ist ein Star der internationalen Orgelszene und nun die sogenannte Titularorganistin der spektakulären Elbphilharmonie in Hamburg. Am 27. Januar weiht Iveta Apkalna das "Jahrhundertinstrument" aus der Werkstatt des Bonner Orgelbauers Philipp Klais ein.
DW: Verraten Sie uns bitte, wie man Titularorganistin der Elbphilharmonie wird.
Iveta Apkalna: Ob Sie es mir glauben oder nicht: Ich weiß es nicht! Ich habe mich nie beworben. Eines Tages, etwa Mitte 2015, hörte ich auf meiner Mailbox eine Nachricht ab: Ob ich nach Hamburg kommen würde... Für mich war sofort klar: Das mache ich. Für diese Berufung werde ich mein ganzes Leben lang dankbar sein.
Die Elphi-Orgel ist ein Instrument der Superlative: 15 Meter hoch, 25 Tonnen schwer, 4765 Pfeifen von 10 Millimeter bis 10 Meter und unzählige Registerkombinationen. Soweit die Zahlen - was aber bedeutet das Instrument für Sie persönlich?
Die Orgel der Elbphilharmonie hat ein unendlich großes Potential, man kann alles darauf spielen: alle Stile, alle Komponisten, zeitgenössische Musik genauso gut wie Renaissance, Barock oder Romantik. Für uns Organisten ist natürlich die Farbenwelt einer Orgel besonders faszinierend. Und diese hier hat enorm viele, schöne Farben mit einer sehr großen, dynamischen Breite. Die Orgel verfügt über phänomenale, superleise Register und überwältigende Tutti-Klänge - einfach grenzenlos.
Sie lassen sich Ihre goldene Orgelschuhe, die zu Ihrem Markenzeichen geworden sind, und auch Ihre auffälligen Bühnenkleider maßanfertigen - wurde Ihnen auch diese Orgel auf den Leib geschnitten?
Eigentlich nicht! (lacht) Und ich muss ganz ehrlich sagen: Als ich den Orgel-Spieltisch das erste Mal gesehen habe, war ich schockiert: Er ist schwarz!
Welche Farbe hätten Sie denn gerne?
Vielleicht creme - eine helle, luftige Farbe. Aber das Interessante dabei ist: Momentan liebe ich diesen schwarzen Spieltisch mit den weißen Tasten! Ich habe mich bereits in dieser kurzen Zeit, die ich mit dieser Orgel lebe, schon verändert. Heute finde ich meine Orgel wunderhübsch!
In der deutschen Sprache ist das Wort Orgel weiblich, in vielen osteuropäischen Sprachen männlich. Sie selbst bezeichnen das Instrument als männliches Wesen, als einen Partner, Liebhaber oder auch als schwulen Freund. Nun gehen Sie aber als Titularorganistin wohl eher eine Ehe ein...
Auf jeden Fall eine feste Beziehung, die, wie ich hoffe, mein Leben lang hält! Ich empfinde dieses Instrument als einen majestätischen, eleganten und sehr selbstbewussten Mann. Er merkt ganz schnell, ob die Organistin oder der Organist nur gut, sehr gut oder exzellent ist.
Die Probleme in einer Beziehung kommen bekanntlich erst im Alltag. Können Sie schon jetzt eruieren, was es für Probleme geben könnte?
Diese Orgel braucht sehr gute und erfahrene Musiker, die nicht nur wissen, was mit einer Orgel anzufangen ist, sondern wie man diese entdeckt. Das Instrument bietet viel, präsentiert aber nichts auf dem Silbertablett. Es zeigt auch sofort alle technischen Unsauberkeiten und Schwankungen, die ein Musiker vielleicht noch nicht im Griff hat. Sie ist wie ein Röntgengerät. Diese Orgel macht aus mir eine andere Musikerin. Wie ein Lehrer oder ein Mentor – nicht nur mein Mann, Freund oder Bekannter.
Eine Frau an der Orgel ist in Deutschland immer noch etwas Exotisches, die meisten ihrer Kollegen hierzulande sind männlich. Im postsowjetischen Raum aber - etwa in Ihrer Heimat, Lettland oder in Russland – sind die meisten Organisten weiblich. Wie erklären Sie sich das?
Vor allem mit unserer musikalischen Ausbildung, die immer noch absolut einmalig und exzellent ist: Jedes Kind kann sich nach seiner Leidenschaft und seinem Talent individuell entwickeln. Es gibt auch keine Teilung in „typisch männliche" oder „weibliche" Instrumente. Außerdem sind die Frauen in unseren Ländern sehr stark. Wir fürchten uns vor nichts. Wir sind sehr feminin, was unsere Männer auch schätzen, aber wir gehen auch gern Risiken ein.
Ist eine Orgel ein Risikofaktor?
Aber natürlich ist eine Orgel ein Risiko! Schon rein physisch ist sie ein sehr schwer zu spielendes Instrument. Man spielt mit beiden Händen, beiden Füssen, mit großer Belastung für den Rücken. Gleichzeitig muss es, wenn man ein Konzert spielt, schön und elegant aussehen.
Wie wichtig ist für Sie die Verbindung zum Publikum?
Das ist wie eine Beziehung zwischen Mann und Frau. Ich glaube an die Liebe auf den ersten Blick - so war es zum Beispiel zwischen mir und meinem Mann. Wenn ich mich für die Bühne schön anziehe oder mir Schuhe aus goldenem Leder nähen lasse, so mache ich das nicht aus PR-Gründen, sondern um Respekt gegenüber meinem Instrument und meinem Publikum zu zeigen. Ein Konzert ist für mich immer ein festlicher Moment. Und nicht nur Arbeit - obwohl ich dafür bezahlt werde.