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Japan in Katar auf historischer WM-Mission

22. November 2022

Japan nimmt zahlreiche Bundesliga-Profis mit zur Fußball-WM in Katar und will dort erstmals überhaupt das WM-Viertelfinale erreichen. Der Gruppengegner des DFB-Teams würde eine kuriose WM-Statistik durchbrechen.

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Japans Spieler bejubeln im Stadion von Sydney die geglückte Qualifikation für die WM 2022 in Katar nach dem Sieg in Australien.
Ticket Nr. 7: Japans Spieler bejubeln nach dem Sieg in Australien die geglückte Qualifikation für die WM 2022 in KatarBild: Atsushi Tokumaru/AFLOSPORT/IMAGO

Statistiker dürften sich hinsichtlich einer Prognose zu Japans Abschneiden bei der WM in Katar einig sein: Aus in der Vorrunde. Seit Japans erstmaliger Qualifikation für eine Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 1998 wechselten sich stets das Aus nach der Gruppenphase und das Achtelfinale ab. Nach dieser Logik müsste das Team von Trainer Hajime Moriyasu in Katar nach der Vorrunde die Heimreise antreten, denn 2018 in Russland schieden die "Samurai Blue" im Achtelfinale gegen Belgien aus.

Bei der WM in Katar spielt Japan in Gruppe E gegen Deutschland, Spanien und Costa Rica - und ist gemeinsam mit den Costa Ricanern nur Außenseiter. Doch der Asienmeister von 2011 geht selbstbewusst ins Turnier, wohlwissend, dass auch Schwergewichte wie das DFB-Team (2018) und die Spanier (2014) in der Vergangenheit in der Gruppenphase gescheitert sind - und das sogar jeweils als amtierender Weltmeister. 

Acht Legionäre aus Deutschland

Doch Japans WM-Ziel geht über das Überstehen der Gruppenphase und das Achtelfinale hinaus: "Unser Ziel ist das Viertelfinale. Das wird nicht einfach, aber unsere Fans stehen hinter uns. Ich bin mir sicher, dass wir es schaffen können", sagte Trainer Hajime Moriyasu bei der Bekanntgabe seines 26-köpfigen WM-Kaders in Tokio. Es wäre nach den drei Achtelfinal-Teilnahmen 2002, 2010 und 2018 das erste WM-Viertelfinale in Japans Fußballgeschichte.  

Maya Yoshida vom FC Schalke 04 legt während eines Bundesligaspiels die Hände an die Ohren und ruft
Schalkes Maya Yoshida (r.) ist Japans Kapitän und AbwehrchefBild: Gabriel Boia/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Um dieses Ziel zu erreichen, hat Moriyasu insgesamt acht Profis nominiert, die in Deutschland in der 1. und 2. Bundesliga unter Vertrag stehen, unter anderem Daichi Kamada von Eintracht Frankfurt, Ritsu Doan vom SC Freiburg und die beiden Stuttgarter Hiroki Ito und Wataru Endo. Insgesamt spielen 20 der 26 Spieler in Japans-WM-Kader nicht in der Heimat, sondern sind im Ausland beschäftigt.

Während der Qualifikation für Katar lag die besondere Stärke des Teams in der Defensive. In der entscheidenden dritten Qualifikationsrunde kassierte Moriyasus Mannschaft nur vier Gegentore und holte insgesamt sieben Siege aus zehn Spielen. Das WM-Ticket wurde letztlich mit einem Erfolg im vorletzten Spiel in Australien gebucht. 

"Ein Schmidt" in Japans Tor

"Japan ist eine Mannschaft, die immer dabei ist. Sie haben viele Spieler, die in der Bundesliga spielen. Von daher haben sie eine hohe Qualität", hatte Bundestrainer Hansi Flick nach der WM-Auslosung mit Blick auf die japanischen Bundesliga-Profis gesagt. Für das DFB-Team, das zum Auftakt am Mittwoch (Anstoß 14 Uhr MEZ) auf die Japaner trifft, ist die Herausforderung klar: Das Team von Hansi Flick, das zuletzt offensiv nicht immer überzeugte, muss ein Rezept finden, um das japanische Abwehr-Bollwerk zu knacken. Dazu kommt der zu erwartende Kampfgeist der Japaner.

Japans Nationaltorwart Daniel Schmidt in Aktion
In den USA geboren, für Japan zur WM: Torhüter Daniel SchmidtBild: Keita Iijima/Yomiuri Shimbun via AP/picture alliance

"Japan ist ein sehr unangenehmer Gegner für uns. Es wäre fatal, diese Mannschaft zu unterschätzen. Sie kämpfen von der ersten bis zur letzten Sekunde bis zum Umfallen", sagte Bernd Hollerbach der "Sport Bild". Hollerbach kennt sich aus, schließlich trainiert er beim belgischen Klub St. Truiden den japanischen Nationaltorhüter mit dem eher deutsch klingenden Namen Daniel Schmidt. Der Sohn einer Japanerin und eines US-Amerikaners mit deutschen Vorfahren könnte auch gegen das DFB-Team zwischen den Pfosten stehen. 

Japanische Tugenden

Eine zentrale Rolle in Japans Aufbau- und Offensivspiel wird Daichi Kamada einnehmen. Der 26-Jährige steht seit 2017 bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag und feierte mit den Hessen nach dem Sieg in der Europa League 2021/22 gerade mit dem Einzug ins Achtelfinale der Champions League einen der größten Erfolge der Klubgeschichte. Beim entscheidenden 2:1-Auswärtssieg im letzten Gruppenspiel traf Kamada per Elfmeter zum zwischenzeitlichen 1:1 bei Sporting Lissabon. 

Daichi Kamada von Eintracht Frankfurt bejubelt sein Tor zum 3:0 im DFB-Pokal gegen den 1. FC Magdeburg
Leistungsträger in Frankfurt und Japans Nationalteam: Daichi Kamada (l.)Bild: Jan Huebner/IMAGO

Neben seinen technischen Fähigkeiten und seiner Torgefahr verkörpert Kamada beispielhaft auch einige weitere Stärken der japanischen Spieler. "Die japanischen Profis sind unglaublich diszipliniert, fleißig, arbeiten immer zusammen, es gibt kein Gegeneinander", sagt Bernd Hollerbach. "Niemand ist sich zu schade, für den anderen zu laufen." 

Erinnerungen an Katar

Die Japaner haben in Katar bereits gute Turniererfahrung gemacht - wenn auch vor längerer Zeit: 2011 gewannen die "Samurai Blue" in Katar ihren dritten und bislang letzten Titel bei den Asienmeisterschaften. Doch nicht alle Japaner haben gute Erinnerungen an das Wüstenemirat: In Doha scheiterte der heutige Nationaltrainer Hajime Moriyasu 1993 mit Japan in der Qualifikation zur WM 1994. Ein Sieg gegen den Irak hätte dem damaligen Mittelfeldspieler und seinem Team das erste WM-Ticket der japanischen Fußball-Geschichte beschert, doch der Irak glich kurz vor Spielende noch zum 2:2 aus. 

Japans Nationaltrainer Hajime Moriyasu gibt seinen Spielern Anweisungen während eines Spiels
Nationaltrainer Hajime Moriyasu stand 1993 für Japan in Doha auf dem Platz, als man in der WM-Quali scheiterteBild: Maurice van Steen/ANP/IMAGO

Noch heute ist diese "Tragödie von Doha" in Japan präsent, soll aber bei der Rückkehr nach Katar keine Rolle spielen. Doha als Austragungsort wäre für die Japaner ohnehin frühestens im Viertelfinale möglich. Und mit dem erstmaligen Einzug in die Runde der besten Acht wären die Erinnerungen an die "Tragödie von Doha" wohl längst getilgt. 

DW Kommentarbild David Vorholt
David Vorholt Redakteur, Reporter und Autor in der DW-Sportredaktion