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Tirole bekommt Wirtschaftsnobelpreis

Klaus Ulrich (mit Agenturen)13. Oktober 2014

Diesmal ist es kein Amerikaner: Der Franzose Tirole bekommt den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2014. Ausgezeichnet wurde er für seine Analysen über Marktmacht und Regulierung.

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Jean Tirole, Wirtschaftsnobelpreisträger (Foto: R. Gabalda/AFP/Getty Images)
Bild: R. Gabalda/AFP/Getty Images

"Der diesjährige Preis handelt vom Zähmen mächtiger Firmen", sagte der Ständige Sekretär der Schwedischen Wissenschaftsakademie, Staffan Normark. Tirole habe mit seinen Forschungen gezeigt, wie Märkte, die von wenigen machtvollen Unternehmen beherrscht werden, verstanden und reguliert werden könnten. Der Franzose sei "einer der größten lebenden Ökonomen", sagte Jury-Chef Tore Ellingsen.

Die Auszeichnung sei für ihn "eine große Überraschung" gewesen, sagte der 61-Jährige Jean Tirole am Montag der französischen Nachrichtenagentur AFP. "Ich freue mich sehr darüber." Er könne nicht viel zu dem Preis sagen: "Man ist selbst kein guter Richter über die eigenen Arbeiten. Deswegen ist das nichts, womit ich gerechnet habe." Die Auszeichnung werde keinen Wandel für ihn bringen. Er möge die Formen seiner Forschung und die Arbeit mit Freunden und Studierenden. "Ich hoffe, da wird sich nicht viel verändern", sagte Tirole.

Ehrendoktor der Universität Mannheim

Nach Angaben des Nobelkomitees ist Tirole nach Maurice Allais (1988) und Gérard Debreu (1983) erst der dritte Franzose, der den begehrten Preis bekommt. Er lehrt an der Universität Toulouse. Zu Tiroles Arbeitsschwerpunkten gehören industrielle Organisation, Banken- und Finanzwesen sowie psychologische Aspekte der Wirtschaftswissenschaft. 2011 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Mannheim.

"Ein Volltreffer", freut sich der Mannheimer Ökonom Volker Nocke, der 2011 die Laudatio auf den Franzosen hielt. Vor allem die "unglaubliche Produktivität" von Tirole, aber auch seine wichtigen Beiträge zur Industrie-Ökonomik habe er damals hervor gehoben. "Die sind aber so vielfältig, dass ich mich in der Laudatio auf ganz wenig beschränken musste", so Nocke gegenüber der DW. Für ihn war seit langem klar: "Wenn es jemals einen Nobelpreis für Industrieökonomik geben sollte, würde Jean Tirole den gewinnen."

Fragen der Wettbewerbspolitik

Die Arbeiten des Franzosen spielten immer dann eine wichtige Rolle, wenn es um Fragen der Wettbewerbspolitik gehe: Was passiert, wenn zwei Unternehmen fusionieren? Was passiert dann mit den Preisen und den Anreizen zur Innovation? Wie sollte man Unternehmen, die große Marktmacht haben, regulieren? Wie beispielsweise bei der Deutschen Telekom oder der Deutschen Bahn. Oder: Wie sollte man Wettbewerbspolitik optimaler gestalten? Wann sollte eine Fusion von zwei Unternehmen blockiert werden? Wann ist so eine Fusion gut für die Konsumenten, wann wäre sie schlecht?

Die Vergabe des Wirtschafts-Nobelpreises an einen Forscher, der nicht aus den USA stammt, ist eine Seltenheit. In den vergangenen zehn Jahren wurden neben Tirole nur zwei Ökonomen anderer Nationalitäten ausgezeichnet: 2004 der Norweger Finn E. Kydland, 2010 der Brite Christopher A. Pissarides. Beide waren allerdings gemeinsam mit US-Forschern geehrt worden. Auch 2013 war die Auszeichnung an Amerikaner gegangen: Die Jury prämierte die Börsen-Forschungen von Eugene F. Fama, Lars Peter Hansen und Robert J. Shiller.

Französische Politiker schwelgen

Frankreichs Regierungssprecher Stéphane Le Foll bezeichnete die Auszeichnung von Jean Tirole als "Anerkennung einer französischen Wirtschaftsdenkweise, die heute in dieser Form weltweit einmalig ist". Damit würdige die Akademie in Schweden eine Position, wonach in einer kriselnden Welt nicht nur Marktmechanismen, sondern auch Regelungen, Stabilität, Beruhigung und Verwaltung der Wirtschaft notwendig seien, sagte Le Foll dem Sender RTL.

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Premierminister Manuel Valls bezeichnete den zweiten Nobelpreis für einen Franzosen innerhalb weniger Tage - nach der Auszeichnung von Patrick Modiano mit dem Literatur-Nobelpreis - als Zeichen gegen ein "French Bashing" und die zunehmende Kritik an Frankreichs Wirtschaftspolitik. Auch Präsident François Hollande sah den Forschungsstandort Frankreich durch den Nobelpreis ausgezeichnet.

Kein traditioneller Nobelpreis

Der Wirtschaftspreis ist keiner jener traditionellen Nobelpreise, die auf den letzten Willen des schwedischen Industriellen Alfred Nobel zurückgehen. Die Reichsbank stiftete ihn nachträglich 1968. Deshalb trägt die Auszeichnung nicht offiziell den Namen Nobelpreis - und wird auch nicht in derselben Woche wie die anderen Preise verkündet. Der "Preis der schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften zum Andenken an Alfred Nobel" ist aber wie alle Nobelpreise mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 870.000 Euro) dotiert und wird am 10. Dezember - dem Todestag von Nobel - in Schwedens Hauptstadt Stockholm verliehen. Allein der Friedensnobelpreis wird in Oslo überreicht.