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"Gemeinsamer Nenner ist sehr groß"

Yuhan Zhu | gh3. Juni 2016

Am kommenden Montag beginnt in Peking der 8. Strategische und Wirtschaftliche Dialog zwischen China und den USA. Beide Supermächte hätten in vielen Fragen gemeinsame Interessen, sagt Politologe Jin Canrong.

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China USA strategischer und wirtschaftlicher Dialog
Bild: Reuters/D. Sagolj

Deutsche Welle: Herr Prof. Jin, zurzeit sind die Beziehungen zwischen Peking und Washington angespannt. Sie streiten zum Beispiel um die Freiheit der Seefahrt im Südchinesischen Meer. Wird das die Gespräche belasten?

Jin Canrong: China will offene Gespräche mit den USA führen. Aber Sie haben Recht. In diesem Jahr findet der Dialog in einem schwierigen Kontext statt. Ein weiterer Faktor: In sechs Monaten endet die Amtszeit von Präsident Obama. Wer nach ihm kommt, ist noch nicht klar. Ob die neue US-Regierung den bisherigen Kurs gegenüber China und der Mechanismus des Strategischen Dialogs fortgesetzt wird, ist nicht absehbar.

US-Außenminister Kerry wird in Peking erwartet. (Foto: Reuters)
US-Außenminister Kerry wird in Peking erwartetBild: Reuters/L.Foeger

Was sind Ihrer Einschätzung nach die wichtigsten Themen?

Im wirtschaftlichen Bereich wird das bilaterale Investitionsschutzabkommen (BIT) weiter verhandelt. Es geht um die Ausnahmen, also um Branchen und Themen, für die Sonderregelungen gelten sollen. Eine grundsätzliche Verständigung über die Liste wird erwartet.

Im Strategischen Dialog geht es um die Taiwan-Frage. Die politische Landschaft in Taiwan hat sich jüngst verändert. Es bestehen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße große Ungewissheiten. China und die USA wollen jeden kritischen Zwischenfall rund um die Insel Taiwan vermeiden. Im Sicherheitsbereich wird natürlich über das Südchinesische Meer gesprochen. Die Positionen liegen jetzt weit voneinander entfernt. Es liegt aber im gemeinsamen Interesse, dass sich aus Konfrontationen kein militärischer Konflikt entwickelt.

Luftaufnahme der Spratly-Insen im Südchinesischen Meer (Foto: Reuters)
Luftaufnahme der Spratly-Insen im Südchinesischen MeerBild: Reuters/R. Tongo

Wegen des Inselstreits haben die Philippinen Klage gegen China beim Schiedsgericht in Den Haag eingereicht. Das Urteil wird schon im Juni erwartet…

Die chinesische Regierung hat bereits erklärt, dass sie die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht anerkennt und dessen Entscheidung nicht akzeptieren wird. Die USA werfen China deswegen eine Verletzung des Völkerrechts vor, China den USA grobe Einmischung in interne Angelegenheiten, denn die Klageschrift und die mehr als 3000 Beweisdokumente sollen aus amerikanischen Federn stammen. Für Peking ist das ein politischer Affront.

Es ist auch nicht auszuschließen, dass die USA nach der Verkündung des Urteils Strafmaßnahmen gegen China einleiten würden. Darauf würde Peking entsprechend reagieren.

Taiwan hat seit zwei Wochen eine chinakritische Präsidentin. Müssen jetzt die USA ihre Taiwan-Politik überarbeiten?

Die USA haben ein großes Interesse an Frieden und Ordnung in der Taiwan-Straße. Bei der Vereidigung der neuen Führung um Tsai Ing-wen war eine große US-Delegation anwesend. Die Position der US-Regierung ist konsequent. Washington will Status quo und Stabilität und keine neuen Konflikte.

Tsai Ing-wen, chinakritische Präsidentin von Taiwan (Foto: Reuters)
Tsai Ing-wen, chinakritische Präsidentin von TaiwanBild: picture-alliance/dpa/Office Of The President Taiwan

Nordkorea provoziert weiter mit Atom- und Raketentests. Werden China und die USA gemeinsam entschiedener gegen Pjöngjang vorgehen?

Das Atomprogramm von Nordkorea steht bestimmt auch auf der Agenda. China und die USA sind sich einig, dass Nordkorea keine Atomwaffen entwickeln darf, und können in diesem Punkt zusammenarbeiten.

Allerdings hat China größere Sorgen, da Nordkorea ein unmittelbares Nachbarland ist. China hat bereits die Sanktionen umgesetzt und will keine weitere Feindseligkeiten mitNordkorea provozieren.Deswegen bleiben die Staatsführungen beider Länder auch im Gespräch. Die Interessen und die Vorgehensweise Chinas und der USA mögen unterschiedlich sein, aber der gemeinsame Nenner ist sehr groß.

Militärparade in Pjöngjang (Foto: Reuters)
Militärparade in PjöngjangBild: picture-alliance/dpa/Yonhap/Kcna

Sie sind also optimistisch, dass beide Länder noch enger kooperieren werden?

Es liegt in der Natur der Sache, dass auch in Zukunft neue Probleme entstehen werden, denn China wird bei sehr vielen Fragen mit den USA auf Augenhöhe verhandeln wollen. Meinungsverschiedenheiten sind da vorprogrammiert. Aber, diese Probleme lassen sich durch Gespräche und Verhandlungen beseitigen. Ich blicke zuversichtlich in die Zukunft.

Das Interview führte Zhu Yuhan.

Dr. Jin Canrong ist Professor für Internationale Politik an der Renmin-Universität in Peking. Der USA-Experte studierte Politikwissenschaften an der Fudan-Universität in Shanghai und wurde 1999 an der Peking-Universität promoviert.