Joe Biden will New-Start-Vertrag verlängern
22. Januar 2021Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki (Artikelbild), sagte in Washington, US-Präsident Joe Biden strebe in den Verhandlungen mit Russland über den in Kürze auslaufenden Abrüstungsvertrag New Start eine Fortsetzung an. Eine Verlängerung um fünf Jahre ergebe "noch mehr Sinn, wenn die Beziehungen mit Russland feindlich wie derzeit sind", führte Psaki aus.
Moskau: "Ermutigender Schritt"
Das Pentagon teilte mit, Bidens Entscheidung, sich um eine Verlängerung zu bemühen, diene der Verteidigung des Landes. Die Amerikaner seien deutlich sicherer, wenn der Vertrag intakt sei und verlängert werde. Man könne es sich nicht leisten, die darin vorgesehenen Instrumente für Inspektionen und Meldepflichten zu verlieren. Eine Verlängerung bis 2026 gäbe beiden Seiten auch genug Zeit, neue Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle zu sondieren, hieß es weiter aus dem US-Verteidigungsministerium.
Russland begrüßte die Ankündigung aus Washington. "Das ist ein ermutigender Schritt", erklärte der russische Diplomat Michail Uljanow. Die Verlängerung würde den Verhandlungspartnern erlauben, zusätzliche Maßnahmen zugunsten der globalen Sicherheit zu diskutieren, so der Ständige Vertreter Russlands bei den internationalen Organisationen in Wien.
Der Vertrag läuft nach jetzigem Stand am 5. Februar aus. Am Mittwoch - unmittelbar nach Bidens Vereidigung - hatte das russische Außenministerium eine Verlängerung des Vertrags um fünf Jahre ohne Vorbedingungen vorgeschlagen. Eine konkrete Vereinbarung haben beide Seiten aber bislang nicht verkündet.
Das am 5. Februar 2011 in Kraft getretene New-Start-Abkommen begrenzt die Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Der Vertrag wurde im Jahr 2010 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama und dem damaligen russischen Staatschef Dmitri Medwedew unterzeichnet. Es war eine Laufzeit von zehn Jahren vereinbart worden, mit der Möglichkeit zu einer Verlängerung. Die Regierung von Bidens Vorgänger Donald Trump hatte sich mit Moskau in zähen monatelangen Verhandlungen nicht auf eine Verlängerung einigen können.
USA und Russland halten 90 Prozent aller Atomwaffen
Die Verhandlungslinie von Trump sei aggressiv und kontraproduktiv gewesen, hieß es seinerzeit aus dem Verteidigungsministerium in Moskau. Knackpunkt der Gespräche mit der Trump-Regierung war nach US-Medien das "Einfrieren" der Zahl aller nuklearen Sprengköpfe beider Länder, worauf die USA bestanden hatten. Der derzeit gültige Vertrag legt nur die Begrenzung der Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe fest.
Biden hatte vor seinem Amtsantritt erklärt, dass der Vertrag ein "Anker der strategischen Stabilität" zwischen den USA und Russland sei und Grundlage für neue Vereinbarungen zur Rüstungskontrolle sein könne. Russland hatte sich früh für eine Verlängerung ausgesprochen und im Falle eines Scheiterns vor einem Wettrüsten gewarnt. Würde der Vertrag ohne Verlängerung auslaufen, gäbe es erstmals seit Jahrzehnten kein Abkommen mehr, das dem Bestand an strategischen Atomwaffen Grenzen setzt. Russland und die USA besitzen zusammen rund 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen.
Schreckensszenario Atomschlag
Die Gefahr eines auch mit Atomwaffen geführten Krieges galt während der Amtszeit von Trump als deutlich höher als in den vergangen drei Jahrzehnten. Grund war unter anderem das Ende des INF-Vertrags zum Verzicht auf landgestützte atomwaffenfähige Mittelstreckensysteme. Die USA hatten das Abkommen im Sommer 2019 mit Rückendeckung der NATO-Partner aufgelöst, weil sie davon ausgehen, dass Russland es seit Jahren mit einem Mittelstreckensystem namens 9M729 (NATO-Code: SSC-8) verletzt. Der INF-Vertrag untersagte beiden Seiten Produktion, Tests und Besitz von bodengestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörpern mit Reichweiten zwischen 500 und 5500 Kilometern.
qu/mak (dpa, afp, ap, rtr)