Jubel für Präsident al-Sisi
Er gilt spätestens seit dem Sturz von Mohammed Mursi als starker Mann in Kairo. Ex-Armeechef Abdel Fattah al-Sisi ist als neuer ägyptischer Staatspräsident vereidigt worden. Die Erwartungen an ihn sind groß.
Offizielle Amtszeit: sechs Jahre
Die Zeremonie zur Amtseinführung fand in Kairo vor den Mitgliedern des Obersten Verfassungsgerichts statt. Aus dem westlichen Ausland nahmen nur wenige Vertreter an der Vereidigung teil. Drei Jahre nach dem Arabischen Frühling steht damit wieder ein Mann aus dem Militär an der Spitze des Staates.
Vom Feldmarschall zum Präsidenten
Er trägt jetzt zivil, aber sein berufliches Leben hat Abdel Fattah al-Sisi im ägyptischen Militär verbracht. Nachdem der Feldmarschall seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten angemeldet hatte, galt seine Wahl als Formsache. Rund 23 Millionen Ägypter sollen ihm ihre Stimme gegeben haben.
Sturz des Vorgängers
Für den entscheidenden Karriereschritt sorgte ausgerechnet al-Sisis heutiger Erzfeind Mohammed Mursi. Im August 2012 ernannte Präsident Mursi den General zum Oberbefehlshaber der ägyptischen Streitkräfte. Wohl auch, weil al-Sisi als fromm und gläubig gilt. Politisch ausgezahlt hat sich diese Beförderung für den Muslimbruder nicht - im Juli 2013 sorgte al-Sisi für den Sturz des Präsidenten.
Karriere im Militär
Kompromisslos hatte al-Sisi schon während der ägyptischen Revolution 2011 agiert. In dieser Zeit beging das ägyptische Militär schwere Menschenrechtsverletzungen, für die al-Sisi Mitverantwortung trägt. Als Militär-Geheimdienstchefs kannte der General nicht nur die berüchtigten Geheimgefängnisse, sondern hatte als Mitglied des Obersten Streitkräfterates auch Einfluss auf die Politik.
Chancenloser Gegenkandidat
Die Wahl zum Präsidenten war nur noch Formsache. Al-Sisis Gegenkandidat Hamdien Sabahi war chancenlos. Laut amtlichen Endergebnis haben 96,91 Prozent der Wähler für al-Sisi gestimmt. Während der Ex-Militär auf ein hartes Durchgreifen des Staates setzt, warb der Linkspolitiker Sabahi im Wahlkampf für einen Mindestlohn und die Kürzung von Managergehältern.
Jubel bei vielen Ägyptern
Sabahi hat seine Niederlage eingeräumt. Viele Ägypter feierten den neuen Präsidenten Abdel Fatah al-Sisi geradezu euphorisch. Sie sehen in ihm eine starke Persönlichkeit, die den am Boden liegenden Staat wieder aufrichten kann. Von dem 59 Jahre alten Ex-Armeechef erwarten sie mehr Sicherheit und eine schnelle Besserung der desolaten wirtschaftlichen Lage.
Hohe Arbeitslosigkeit
Drei Jahre nach dem Sturz des Diktators Hosni Mubarak leidet Ägypten immer noch unter einer schweren Wirtschaftskrise. Ein hohes Haushaltsdefizit und steigende Arbeitslosenzahlen sorgen für großen Unmut im Volk - vor allem unter der jungen Bevölkerung, die wenig Aussichten auf neue Jobs hat. Eine echte Herausforderung für al-Sisi.
Unterstützung von Militär und Ausland
Doch der frühere Berufsoffizier hat sich bislang allenfalls vage zu möglichen Wirtschaftsreformen geäußert. Hilfe bekommt der neue Präsident aber aus arabischen Ländern. Die reichen Golfstaaten haben bereits Milliardensummen in das Land gepumpt, um Ägypten zu stabilisieren. Außerdem kann er auf die Unterstützung der Armee und der überwiegend unter Mubarak rekrutierten Beamtenschaft zählen.
Im Visier: Mursi und seine Anhänger
Während Armeeangehörige und viele Staatsbedienstete auf mehr Einfluss hoffen, verschwinden die einstigen Profiteure der Revolution im Jahre 2011 in den Gefängnissen. Seit dem Sturz des ersten frei gewählten Präsidenten am 3. Juli 2013 geht die Regierung in Kairo mit aller Härte gegen ihn und seine Anhänger vor. Während der Prozess gegen Ex-Präsident Mursi noch läuft...
Todesurteile und lange Haftstrafen
...wurden Hunderte Muslimbrüder zum Tode und mehrere Tausend zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zuvor hatte die Regierung die Muslimbruderschaft als Terrororganisation eingestuft und verboten. Tausende Muslimbrüder - unter ihnen die gesamte Führung der Organisation - wurden unmittelbar nach den Protesten der Islamisten im Sommer 2013 verhaftet. Auch unabhängige Oppositionelle landen in Haft.
Ende der Staatskrise?
Für al-Sisi geht es neben den großen Wirtschaftsproblemen im Land auch darum, ein Ende des Aufstandes zu erreichen. Blutige Kämpfe und Anschläge der Islamisten lähmen seit Monaten das Land. Dass die Äygpter auch von dem Ex-Militär hier keine Wunder erwarten, zeigt ihre Beteiligung an den Präsidentschaftswahlen, die mit gut 44 Prozent deutlicher geringer als erwartet ausfiel.
Gegner des Präsidenten
Zu den Gegnern des Präsidenten zählen vor allem die Muslimbrüder. Sie hatten nach dem Sturz des Autokraten Hosni Mubarak mit Mohammed Mursi nicht nur die Präsidentschaftswahlen, sondern auch alle anderen Wahlen gewonnen. Selbst im Protestsommer 2013, als viele Ägypter gegen die Politik von Präsident Mursi auf die Straße gingen, konnten auch die Muslimbrüder Hunderttausende Anhänger mobilisieren.
Das Ende von Mubarak
Keine Rolle im ägyptischen Machtkampf spielt der langjährige Präsident Hosni Mubarak. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Exstaatschef wurde im Mai von einem Gericht in Kairo zu drei Jahren Haft verurteilt. Mubarak muss sich allerdings auch noch wegen des Todes von mehr als 800 Demonstranten während der Proteste 2011 verantworten. Hier droht ihm die Todesstrafe.
Dauerherrscher Militär
Fast 30 Jahre war Hosni Mubarak Präsident. Auch vor ihm besetzten seit Gründung der Republik Ägypten 1953 ausschließlich Militärs das höchste Staatsamt. Mit der Wahl von Abdel Fattah al-Sisi knüpft Ägypten an diese Tradition an, die sich auch an anderer Stelle zeigt: Bis zu 40 Prozent des ägyptischen Wirtschaftsvolumens wird von mit dem Militär verbundenen Unternehmen erwirtschaftet.