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Kameras, Kinder und Lemuren

16. November 2010

"Kamerascheu" ist ein Begriff, der auf Madagaskar unbekannt scheint. Perfekte Bedingungen für den Dreh, meint unser TV-Reporter Michael Wetzel.

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Mann mit Kamera, umringt von Kindern (Foto: DW/Michael Wetzel)
Besonders populär: Kameramann Axel WarnstedtBild: DW/Michael Wetzel

Und da ist er. Endlich. Der Lemur. Er steht oben, am Felsrand, und starrt auf uns runter. Und wir starren zurück. Und freuen uns. Natürlich nur ganz leise. Schließlich wollen wir das Tier auf keinen Fall verjagen, mit unserer Anwesenheit und unserer Kamera.

Lemur auf Baum-Ast (Foto: DW/Michael Wetzel)
Immer neugierig: Ein Lemur schaut, was der Reporter so treibtBild: DW/Michael Wetzel

Dass das Wort "kamerascheu" auf Madagaskar ein Fremdwort ist, erfahren wir dann in den kommenden Tagen. Wir sind vom Norden des Nationalparks Tsimanampetsotsa weiter in den Süden gefahren. Und treffen hier endlich die Menschen, von denen wir eine Geschichte erzählen wollen.

Und egal wo wir auftauchen, die Kinder geraten beim Anblick einer Kamera völlig aus dem Häuschen. Und Kinder sind hier überall. Jeder will ins Bild, singt, tanzt, lacht oder schreit. Das "Posen" scheinen die Kinder hier im Blut zu haben. Und dabei haben sie viel Spaß. Wir übrigens auch.

Vollbesetzter Bus mit Kanistern auf dem Dach (Foto: DW/Michael Wetzel)
Einmal die Woche kommt der Bus...Bild: DW/Michael Wetzel

Kein Wunder. Viel Abwechslung gibt es nicht, auf dem Mahafaly Plateau, ganz im Süden der Insel. Es gibt keinen Strom, kein Telefonnetz und der Bus rumpelt nur einmal in der Woche über die Sandpisten. Und ob er dann auch wirklich anhält, ist noch längst nicht raus. Ohne Fernseher, Handy, oder Gameboy sind wir also der Hit bei den Kleinen, oder besser gesagt unsere Kameras. Und davon haben wir vier Stück! Gott sei Dank alle mit Displays. Sich gleich nach der Aufnahme selbst anzuschauen, ist hier das Größte. Dann sind die Kinder völlig begeistert. Und wenn wir die Zeit hätten, könnten wir stundenlang weitermachen mit unserer Foto- und Filmsession.

Nur manchmal, da geht die Kameraliebe der Madagassen dann doch etwas zu weit. Dann bleiben auch die Erwachsenen einfach vor der Videokamera stehen, lächeln breit und direkt in die Linse. Und die schöne Szene ist unbrauchbar. Aber das macht nichts. In vielen Ländern flüchten alle vor einer Kamera. Da sind mir die Menschen in Madagaskar natürlich viel, viel lieber.

Und übrigens: Aus dem einen Lemur wurden dann 20 Tiere. Und die zeigten uns ausgiebig, was sie drauf hatten. Kunstvolle Klettereien an der Felswand etwa, riskante Sprünge oder mysteriöse Lautmalereien. Und unsere Kamera hat sie dabei überhaupt nicht gestört. Einfach Klasse sowas.

Autor: Michael Wetzel
Redaktion Ranty Islam