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Kann Air India wieder "Maharadscha des Himmels" werden?

Murali Krishnan
26. Mai 2024

Zwei Jahre nach der Übernahme durch die Tata-Gruppe steuert die nationale indische Fluggesellschaft immer noch durch Turbolenzen. Mitarbeitende streiken, Passagiere beschweren sich. Die Umstrukturierung zieht sich hin.

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Ein Flugzeug der Linie Air India Express
Im Umbruch: Air India und sein Ableger Air India ExpressBild: Mahesh Kumar A./AP Photo/picture alliance

Der Personalnotstand kam unerwartet: Über 100 Besatzungsmitglieder der Billigfluglinie von Air India meldeten sich Anfang Mai in letzter Minute krank. Das Unternehmen sah sich durch den Ausfall gezwungen, mindestens 175 Flüge zu verschieben oder ganz zu streichen.

Dutzende verärgerter Kabinenmitarbeitende erklärten, sie seien mit ihrer Krankmeldung in den Ausstand getreten, um ihren Unmut über die Änderungen in der Personalpolitik von Air India Express zum Ausdruck zu bringen. Air India war 2022 von der Tata-Gruppe übernommen worden. Dies geschah im Rahmen der Bemühungen der indischen Regierung, die schuldengeplagte Fluggesellschaft zu privatisieren.

Der Streik des leitenden Kabinenpersonals führte im gesamten Streckennetz der Fluggesellschaft zu Unregelmäßigkeiten. An mehreren Flughäfen des Landes herrschte Chaos, Hunderte von Passagieren in Indien saßen fest.

Scharfer Gegenwind

Einen Monat zuvor hatten die Piloten der im Besitz von Tata und Singapore Airlines befindlichen Fluggesellschaft Vistara aus Verärgerung über die Kürzung der garantierten Gehälter ebenfalls einen Massenkrankenstand inszeniert. Über 100 Flüge mussten gestrichen werden. Die Gewerkschaften der Beschäftigten beider Fluggesellschaften brachten während des Streiks ihre Kritikpunkte zum Ausdruck. Diese reichen von Missständen bei der beruflichen Entwicklung bis hin zu ungleicher Behandlung, niedriger Bezahlung und Fragen der Arbeitsplatzsicherheit.

Doch auch seitens der Kunden steht Tata unter Druck: Immer wieder muss sich der Eigner der Fluggesellschaften mit Beschwerden von Passagieren über kaputte Sitze, Verspätungen, nicht funktionierende Bildschirme und Sauberkeit an Bord auseinandersetzen.

Zwei Stewardessen von Air India Express
Streikbereit: dier Belegschaft von Air India ExpressBild: Noah Seelam/AFP/Getty Images

Ein langer Prozess

Nach der Übernahme durch Tata hatten viele Inder darauf gehofft, diese werde den einstigen Ruf der Fluggesellschaft als "Maharadscha des Himmels" (König des Himmels) schnell wieder herstellen. Doch davon ist Air India unter der Regie seines neuen Eigentümers noch weit entfernt. Immer noch kämpft Tata darum, den alten Glanz von Indiens nationaler Fluggesellschaft wiederherzustellen.

Tata konsolidiert derzeit vier Fluggesellschaften: Air India Express und AIX Connect - die beiden firmieren derzeit als AirAsia India - werden zusammengelegt, ebenso auch die beiden Unternehmen Vistara und Air India. Zivilluftfahrtexperten und Reiseveranstaltern zufolge wird es viel Zeit brauchen, die 92 Jahre alte indische Fluggesellschaft vollständig zu erneuern. Air India verfüge zwar über ein gut ausgebautes Streckennetz, sagt Umesh Kamath, Geschäftsführer von Dravidan Aviation Services. Doch zugleich leide das Unternehmen unter Personalproblemen und einer lethargischen Belegschaft.

"Das Top-Management hat mit den Fusionen, die die Servicequalität und das Image der Fluggesellschaft verbessern werden, eine gute Vision für die Zukunft", so Kamath zur DW. "Sorgen bereiten hingegen die Belegschaft und die Gewerkschaften".

Grüner fliegen mit Öko-Kerosin

Eine boomende Branche

Prognosen zufolge steht der indische Luftfahrtsektor mit Blick auf Passagiere, Flugzeuge und Flughäfen vor einer enormen Wachstumsphase. So sieht die indische Regierung bereits rund elf Milliarden Dollar (10,2 Milliarden Euro) für den Bau neuer und die Renovierung bestehender Flughäfen vor.

Zudem ist Indien nach den USA und China zum weltweit größten Flugzeugkäufer aufgestiegen. Die Flotte des Unternehmens soll in den nächsten zehn Jahren von 713 auf über 2000 Flugzeuge anwachsen. Im Jahr 2023 gaben Indiens Fluggesellschaften 970 Flugzeuge in Auftrag. Allein Air India bestellte im Februar vergangenen Jahres 470 Flugzeuge, unter anderem bei Airbus und Boeing.

Ein Flugzeug von Vistara Airlines
Ebenfalls im Wandel: die Linie Vistara AirlinesBild: Urbanandsport//NurPhoto/IMAGO

"Krone der indischen Luftfahrtindustrie" 

Die wahre Bedeutung der Übernahme werde erst 2027 zum Tragen kommen, sagt Jitender Bhargava, ehemaliger Geschäftsführer von Air India, im DW-Interview. Es brauche Zeit, um Air India wieder zu einer erstklassigen Weltklasse-Airline zu machen. "Die Verbesserung des Markenrufs, der Technologie, des Service sowie des Flugzeugkaufs braucht Zeit", so Bhargava zur DW. "Dies ist kein Cricketspiel, bei dem man sofort Gewinne erzielt, sondern ein Testspiel. Dafür braucht es Zeit, Geduld und Konzentration." 

Ähnlich sieht es Hardi Oza Patel vom Touristikunternehmen Velvet Escapes. Die Übernahme einer verschuldeten Fluggesellschaft sei zwar ein strategischer Schritt nach vorn. Doch der gehe nicht von heute auf morgen. "Um eine Krone richtig aufzusetzen, braucht man Zeit, Beharrlichkeit und Geduld. Das hat Tata trotz aller Kritik und der Unruhe seitens der Mitarbeiter und Angestellten getan. Das Unternehmen wird eine Krone der indischen Luftfahrtindustrie sein", so Patel zur DW.

Derzeit hält die Tata-Gruppe einen Anteil von 29 Prozent am indischen Inlandsverkehr und transportiert 56 Prozent der internationalen Passagiere, die indische Flugunternehmen nutzen.

"Eine fast beispiellose Wachstumsrate"

Die Gruppe nehme ein gewaltiges Projekt in Angriff, sagt der Vorsitzende von Air India, Campbell Wilson. Die Wiederherstellung des früheren Glanzes von Air India sei in vollem Gange. Der Nettozuwachs an Flugzeugen liege bei 550, sagte Wilson in einem Interview mit der Reise-Website skift.com.

"Und das treibt eine in der Branche fast beispiellose Wachstumsrate an. Wir nehmen alle sechs Tage ein neues Flugzeug in unsere Flotte auf. Das haben wir in den letzten sechs Monaten getan und werden es aller Voraussicht nach auch in den nächsten zwölf Monaten tun."

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

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