Kapstadt ein Jahr nach der Wasserkrise
22. März 2019Candle-Light-Dinner sind in Kapstadt in diesen Tagen alltäglich - aber nicht aus romantischen Gründen. Die Stadt bleibt immer wieder dunkel, denn der Strom wird seit Anfang des Jahres regelmäßig vom südafrikanischen Energieversorger Eskom abgeschaltet. Aus Sicherheitsgründen, damit das veraltete und überlastete System keinen plötzlichen Totalausfall erleidet.
Diese Energiekrise weckt Erinnerungen an das vergangene Jahr, als die Stadt am Kap der Guten Hoffnung von der schlimmsten Dürre in ihrer modernen Geschichte heimgesucht wurde. Die Wasserkrise machte der Stadt so zu schaffen, dass die Wasserhähne fast ganz abgestellt werden mussten - ein Szenario, das damals als "Day Zero" (Tag Null) bezeichnet wurde.
Kapstadt entkam diesem Day Zero nur knapp, aber da die Stadt nun ihre nächste Krise überstehen muss, fragen sich Einheimische und Besucher gleichermaßen, was die Zukunft bringen wird: "Die Kapstädter sind erschöpft. Wir sind es leid, uns in der Krise zu befinden. Von der Wasserknappheit zur Energiekrise. Es strengt an, immer auf etwas vorbereitet sein zu müssen", beklagt Marketing-Fachfrau Claudia Smargiasso, die in Blouberg lebt, einem touristischen Vorort von Kapstadt.
"Der einzige Unterschied zwischen den beiden Krisen ist, dass eine Dürre anhält. Bei der Energiekrise wissen wir zumindest, wann der Strom jeweils abgestellt wird, so dass wir uns darauf einrichten können. Aber Dürre kann man nicht planen, sie trifft dich unvorbereitet."
Eine neue Lebensweise
Laut Smargiasso hat der Umgang mit der Wasserkrise aber auch zu einer Veränderung des Verhaltens der Einheimischen beim Wasserverbrauch geführt:
"Die Menschen haben sich darauf eingestellt, dass sie mit Wasser sparsam umgehen müssen. Obwohl die Restriktionen im vergangenen Jahr aufgehoben wurden, achten wir heute noch immer auf unseren Wasserverbrauch. Und das müssen wir auch, weil wir nicht wissen, wann uns die nächste Dürre treffen wird. Diese Region war schon immer ein wasserarmes Gebiet. Hier stellt sich nicht die Frage, ob es eine weitere Dürre geben wird, sondern wann sie wieder kommt."
Einheimische hatten Monate Zeit, sich an die neue Situation in Kapstadt zu gewöhnen. Touristen hingegen fällt es schwer, diese neue Lebensweise zu akzeptieren. Smargiasso erzählt, dass viele Menschen ihre Pools zu Hause nicht mehr füllen, weil sie "verstanden haben, dass es Verschwendung ist". Touristen hingegen erwarten immer noch ein gewisses Maß an Komfort.
"Meine Eltern kamen letztes Jahr zu Besuch und begriffen den Notstand nicht. Und manche Besucher scheinen nicht nachvollziehen zu können, was es bedeutet, monatelang nicht baden, sondern nur für zwei Minuten duschen zu können."
Der Tourismus erholt sich
"Das Hotelgewerbe, die Gastronomie und der Einzelhandel litten im vergangenen Jahr sehr. Ich und meine Kollegen haben das deutlich zu spüren bekommen", beklagt Jeff Levy, Besitzer der "Head South Lodge" in Three Anchor Bay im Herzen von Kapstadt. Die Buchungen in seinem Hotel seien während der Dürre stark zurückgegangen. "Unsere Zahlen liegen nun deutlich über dem Vorjahr. Das ist sehr ermutigend. Ich kann nicht behaupten, dass wir wieder ganz so gut aufgestellt sind wie vor der Krise. Aber offenbar reisen genau die Gäste, die eigentlich im letzten Jahr kommen wollten, es aber wegen der Wasserkrise nicht taten, in diesem Jahr zu uns."
Levy erzählt, dass er in seinen Hotelzimmern Hinweisschilder zum Wasser sparen angebracht und Eimer in die Duschen gestellt hatte, damit die Gäste mit dem aufgefangenen Wasser die Toiletten spülen konnten.
"Alle hatten wirklich Panik vor dem Day Zero. Das hat uns Kapstädter aber zusammengeschweißt! Wir haben der Welt gezeigt, wie man eine solche Krisensituation bewältigt. Aber unsere Maßnahmen haben zum Teil auch die Touristen abgeschreckt."
Aus Schwäche wird Stärke
Helen Zille, die Premierministerin der Provinz Westkap, ist zuversichtlich, dass die Menschen ihre Lehren aus der Krise des vergangenen Jahres gezogen haben und Kapstadt auf dem besten Weg sei, sich zu erholen: "Ich kann mir keine Region der Welt vorstellen, die eine Krise dieser Größenordnung so schnell überwunden hat. Tatsächlich gibt es keine Wasserkrise mehr", bekräftigt sie.
Sie weist die Einheimischen aber auch darauf hin, wachsam zu bleiben. Derzeit herrschen Wasser-Sparmaßnahmen der Stufe 3, was einer Tagesgrenze von 105 Litern pro Person bedeutet. Wird diese Grenze überschritten, drohen Geldstrafen. Jeder Haushalt wird streng überwacht.
"Wir müssen weiterhin Wasser sparen und dürfen nicht nachlässig werden. Klimaforscher warnen uns, dass es wegen des Klimawandels immer schwieriger wird, das Wetter vorherzusagen. Wir wissen also nicht, wann es wieder eine Dürre geben wird. Deshalb hat Wasser sparen für uns die höchste Priorität", erklärt Zille und betont dabei, dass alle Kapstädter am selben Strang ziehen müssen, um den Wasserhaushalt besser zu regulieren.
Claudia Smargiasso hingegen sagt, dass die Dürre die verschiedenen Gesellschaftsschichten unterschiedlich getroffen habe - die einen mehr, die anderen weniger.
"Die Ärmeren sind es gewöhnt, mit einem Eimer Wasser pro Tag auszukommen. Würde man sie fragen, käme als Antwort: Von was für einer Wasserkrise ist hier überhaupt die Rede? Für uns ist das Alltag."